Karfreitag

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Liebe Gemeinde!
Oft ist der Karfreitag einer der ersten schönen Frühlingstage. Dann spaziere ich in meinen Arbeitspausen durch die Natur, freue mich am Gesang der Vögel und kann kaum fassen, dass heute Karfreitag sein soll. In diesem Jahr ist es anders, finde ich. Da wird die Karfreitagsstimmung sozusagen frei Haus geliefert in Form von Nachrichtensendungen, Zeitungsartikeln und dergleichen mehr. Corona noch nicht vorbei, die Klimakrise am Horizont. Krieg, Inflation, Zusammenbruch der Lieferketten, Energiekrise. Da kann einem wirklich anders werden. Karfreitagsstimmung frei Haus eben. Aber gerade das Karfreitagsgeschehen, wie es Lukas berichtet hat, kann uns vielleicht zur Hilfe werden, wenn uns so manche Gedanken beschleichen. Wie das? Nun, vielleicht können uns die Worte am Kreuz eine hilfreiche Antwort bei so manchen Gedanken sein, die uns in dieser Zeit vielleicht kommen.
Zum Beispiel neulich im Gespräch. Da sagte einer: „Was wir jetzt erleben, ist die Folge davon, dass wir uns die ganzen Jahre zu viel erlaubt haben, zu viel von der Erde ausgebeutet haben, zu viel auf unseren Wohlstand geschaut und zu wenig an andere Menschen gedacht haben. Jetzt müssen wir sozusagen die Zeche für die ganzen guten Jahre zahlen.“ Kein sehr schöner Gedanke.
Vielleicht kann uns aber das erste von Lukas überlieferte Kreuzeswort eine Hilfe werden: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Jesus sagt das, als die Soldaten ihn gekreuzigt haben und beginnen, um seine Kleider zu würfeln. Eigentlich unglaublich: Gerade haben die Menschen Jesus noch misshandelt. Sie missachten ihn so sehr, dass sie im Angesicht seines Todes um seine Kleider würfeln. Und Jesus bittet für sie um Vergebung bei Gott. Das aber heißt: Er hat ihnen auch selbst vergeben. So unendlich groß ist die Vergebung, die Jesus für uns Menschen übrig hat.
Was kann uns das helfen? Nun, es erspart uns nicht unbedingt die Folgen von Fehlern, die wir gemacht haben. Aber es bedeutet: Obwohl wir Fehler machen, obwohl Schuld zu unserem Leben dazu gehört, stößt Jesus uns nicht in den unendlichen Abgrund, sondern er schenkt uns seine und Gottes Vergebung. Er verlässt uns nicht. Seine Liebe hört nicht auf. Ja, es ist möglich, dass wir an vielen Punkten die Folgen unseres Tuns z spüren bekommen. Aber wir müssen an unseren Fehlern nicht verzweifeln. Wir dürfen Tag für Tag mutig neu versuchen, den besten Weg zu finden.
Ein anderer Gedanke, bei dem ich mich selbst schon ertappt habe: „So viele Menschen haben schon so oft und intensiv um den Frieden gebetet. Aber der Krieg geht immer weiter. Warum erhört Gott uns nicht endlich?“
Nun, schauen wir einmal auf das zweite Kreuzeswort Jesu, das Lukas überliefert. Diesem Satz ist ein kleines Scharmützel vorausgegangen. Einer der mit Jesus gekreuzigten Verbrecher sagt: „Hilf dir selbst und uns vom Kreuz herunter, wenn du wirklich der Messias bist.“ Der andere Verbrecher weist ihn zurecht und sagt: „Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Da antwortet Jesus: „Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Ein erhörtes und ein nicht erhörtes Gebet also. Was ist der Unterschied? Der erste Verbrecher denkt: „Gottes Sohn muss doch Macht haben. Er soll sie mir mal schön beweisen. Er soll mal zeigen, was er drauf hat, und darüber hinaus soll er meine Misslichkeit beenden.“ Aber so ist Gott nicht, und so ist Jesus nicht. Jesus ist, wie Gott selbst, kein Wunschautomat, der einfach macht, was wir uns wünschen. Er ist keiner, der nach menschlichen Maßstäben funktioniert. Es ist nicht immer sein Plan, uns Schweres zu ersparen.
Der zweite Verbrecher aber bittet anders. Ihm geht es darum, Jesus nahe zu sein, auch nach dem Sterben. Er hat begriffen: Jesus und Gott ist es nicht darum zu tun, uns Menschen ein angenehmes Leben zu verschaffen. Sondern sie wollen das letztendlich Beste für uns, nämlich, dass wir im Leben und darüber hinaus in ihrer Nähe bleiben.  Wer darum bittet, wird immer erhört.
Das kann uns vielleicht Geduld geben. Geduld, wenn sich alles so lange hinzieht. Geduld, wenn die Uneinsichtigen nicht einsichtig werden und die Gewalttäter nicht aufhören mit ihren Machenschaften. Geduld, wenn das, was wir ersehnen, lange nicht eintritt. Geduld, dass wir dann nicht nachlassen im Beten und im Versuch, Gutes zu tun, sondern dass wir, Tag für Tag, neu den Kontakt zu Gott suchen und nach seinen Wegen fragen.
Ein dritter Gedanke, der mich manchmal überfällt und mit dem ich vermutlich nicht allein bin: „Ich habe Angst. Wo soll das alles noch hinführen?“
Da kann uns vielleicht das dritte Wort Jesu am Kreuz eine Hilfe bieten. Direkt vor seinem Sterben sagt Jesus: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“
Beeindruckend, nicht wahr? Aber was Jesus da sagt, ist nicht nur beeindruckend, sondern auch wegweisend. Es weist uns den Weg, wohin wir uns in allen Nöten wenden dürfen: an Gott selbst. Ihm dürfen wir uns anvertrauen, selbst wenn uns im Leben alle Felle davonschwimmen.
Was auch in unserem Leben noch auf uns zukommt, wir dürfen uns Gott anvertrauen und gewiss sein, dass wir an unserem Lebensende so zurückblicken können wie in folgendem Traum: Eines Nachts hatte ich einen Traum: Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn. Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten, Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben. Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigene und die meines Herrn.  Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte, dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten Zeiten meines Lebens. Besorgt fragte ich den Herrn: "Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein. Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist. Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am meisten brauchte?" Da antwortete er: "Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen."
Ja, wir haben momentan oft Karfreitagsstimmung frei Haus. Aber gerade der Karfreitag schenkt uns Hoffnung. Die Hoffnung, dass Gott uns begleitet und, wo nötig, trägt, auch mit unserer Schuld. Gott schenke uns, dass wir auf ihn hoffen und in dieser Hoffnung das Leben Tag für Tag in seinem Sinne bewältigen können. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Guter Gott, wir danken dir, dass dein Sohn Jesus Christus für und gestorben ist. Ohne ihn müssten wir verzweifeln an unserer Schuld und an unserem Leid. Sein Sterben für uns gibt uns neue Hoffnung. Wir dürfen vertrauen, dass du unser Leben gut werden lässt, da wo wir versagen. Dafür danken wir dir und bitten dich: Schenke und Mut und Kraft, damit wir jeden Tag neu nach deinem Willen fragen und nach Kräften deine Wege gehen. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und