Okt. - 18. So. n. Trinitatis

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Eph. 5,15-20: 15 So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise,
sondern als Weise, 16 und kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse. 17 Darum werdet
nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. 18 Und sauft euch nicht
voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. 19
Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt
dem Herrn in eurem Herzen 20 und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen
unseres Herrn Jesus Christus.
Liebe Gemeinde!
„Du siehst ja so blass und verfroren aus. Komm rein und trinke eine Tasse Tee“, begrüßte
die Vermieterin den BWL- Studenten Rolf. Der nahm dankend an, und dann saß er am Tisch
und rührte in seiner Tasse Grüntee. Die Vermieterin fragte: „Ist alles gut bei dir?“ „Ja klar“,
antwortete Rolf, „es war nur heute schon ziemlich frisch auf meiner Zeitungstour.“
Nachdenklich nahm er einen Schluck, dann erzählte er: „Gestern bei meinem Job in der
Kneipe, da habe ich die Menschen getroffen, bei denen nicht alles gut ist. Da waren zwei
Männer am Tisch, die haben gesoffen ohne Ende. Da ging es dann: 'Prost, bevor uns der
Putin die Atombombe auf den Kopf schmeißt.' Und dann: 'Prost, bevor wir an unseren
Heizkosten pleite gehen.' Und: 'Prost, bevor wir uns kein Auto mehr leisten können.' Und:
'Prost, bevor wir durch den Klimawandel verdursten.' Und: 'Ja, lass uns
trinken, damit wir die schweren Zeiten vergessen.' Denen ging es nicht gut. Oder am
Spielautomaten der Typ, der hoch verschuldet ist, sein Gas nicht bezahlen kann und hofft,
einen großen Gewinn zu machen und sorgenfrei zu sein. Spielsüchtig ist der, mehr nicht!“
„Ja, es sind schon schwere Zeiten“, nickte die Vermieterin. Aber Rolf begehrte auf: „Man
kann sie aber auch richtig bewältigen. Schau mich an: Früh trage ich Zeitungen aus,
tagsüber studiere ich, abends und an den Wochenenden bediene ich an der Bar. Ich strenge
mich halt einfach an. Und dann muss ich auch keine Angst vor schweren Zeiten haben, denn
wer arbeitet, verdient genug, um durchzukommen.“ „Ich lasse das alles gar nicht so nahe an
mich ran“, erzählte die Vermieterin, „ich sorge für meine Familie und halte das Haus in
Ordnung und sorge mit Meditation, Wellnessanwendungen und Sport dafür, dass ich gesund
bleibe. Mit den Nachrichten setze ich mich deshalb auch eher wenig auseinander, damit
nicht die seelische Gesundheit leidet.“ „Ja“, meinte Rolf, „zivilisiert mit den
Schwierigkeiten der Zeit umzugehen, ist doch viel besser als sich einem Rausch
hinzugeben.“ aber da mischte sich auf einmal die 14- jährige Tochter der Vermieterin ein,
die unbemerkt ins Zimmer gekommen war und das Gespräch gehört hatte: „Klar ist
Spielsucht oder Saufen nicht gut. aber vielleicht kann man sich ja auch an der eigenen Kraft
und Disziplin und Arbeit berauschen, es gibt doch Workaholics? Oder ist es nicht auch eine
Form von Berauschen, wenn man den Kopf in den Sand steckt und nur immer guckt 'dass es
mir und der Familie gut geht'?“ Verdattert saßen Rolf und die Vermieterin da. War an diesen
Einwänden etwas dran?
Liebe Gemeinde, wie gehen Sie mit den bösen Zeiten um? Die Tage sind böse – diesen Satz
aus dem Epheserbrief können wir wohl gerade im Moment alle mitempfinden. Aber wie
gehen wir am besten damit um? Sich betrinken oder spielen, um zu vergessen, das ist keine
Lösung, das liegt auf der Hand. Da geht erst das Geld flöten, und dann kommt der große
Kater. Aber wie ist das mit Arbeit oder dem beständigen Streben nach einem harmonischen
Leben? Kann das auch in einen Rausch ausarten?
Im Epheserbrief wird uns jedenfalls ein anderer Weg geraten, mit der bösen Zeit
umzugehen: Uns auf Gott auszurichten. Auf unser Leben schauen, ob es Gott und seinem
Willen entspricht. Uns mit dem Geist erfüllen lassen, indem wir Gott suchen – im
Gottesdienst, im Gebet, in der Andacht, beim Bibellesen, bei der Bitte um Gottes Geist oder
auch indem wir immer wieder im Alltag die Frage stellen: „Was würde Gott dazu sagen?“
Oder „Was würde Jesus machen?“ Und: das Loben und Danken nicht vergessen. Uns den
Kopf nicht zuballern mit Dingen, die uns berauschen, sondern Gott loben und danken mit
Psalmen und Liedern.
Was hilft uns das, um die bösen Tage zu bewältigen?
Nun, zunächst einmal kann es uns eine Menge Mut machen, wenn wir in geistliche Lieder
einstimmen. Nur mal einige Beispiele. „Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt
Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“ Paul Gerhardt
hat diese Verse geschrieben kurz nach dem 30- jährigen Krieg in einer Zeit, wo es bestimmt
auch ärmlich und chaotisch zuging. Aber welch ein Trost: Wir dürfen unser Leben Gott
anvertrauen, und er wird den richtigen Weg für uns finden. Das kann doch Mut machen,
jeden Tag aufs Neue zu überlegen, was Gott haben will, wie für uns der beste Weg und das
beste Tun aussehen. Das kann doch Mut machen, jeden Tag unser Bestes zu tun, um in
Gottes Sinne zu leben. Das kann Mut machen, uns anzustrengen für das Gute, wo wir
können – und das, was wir nicht in der
Hand haben, gelassen in Gottes Hände zu legen.
Oder: „Ins Wasser fällt ein Stein, ganz heimlich, still und leise, und ist er noch so klein, er
zieht doch weite Kreise. Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort, in
Tat und Wirt, hinaus in unsre Welt.“ Auch das ein hilfreicher Gedanke: Wenn wir
Nächstenliebe üben, anderen Gutes tun und uns für das Gute in der Welt anstrengen, dann
müssen wir uns die Kraft dafür nicht aus den Fingern saugen, sondern wir geben das weiter,
was Gott angestoßen und uns geschenkt hat. So wie es in der 3. Strophe des Liedes heißt:
„Nimm Gottes Liebe an, du brauchst dich nicht allein zu mühn. Denn seine Liebe kann in
deinem Leben Kreise ziehn. Und füllt sie erst dein Leben und setzt sie dich in Brand, gehst
du hinaus, teilst Liebe aus, denn Gott füllt die die Hand.“
Oder denken wir an Lieder wie „Laudato si“, „Geh aus mein Herz und suche Freud“ oder
„Du hast uns deine Welt geschenkt“, in denen uns die Schönheit der Schöpfung vor Augen
gehalten wird. Eine Anregung, die Welt mit offenen Augen anzusehen. Gerade beim
Schreiben dieser Predigt sah ich aus meinem Fenster einen grauen Himmel. Aber davor rote,
gelbe und grüne Blätter, die dem Grau Farbe geben und vor dem Grau besonders intensiv
leuchten. Da bleibt dann nicht das Grau als beherrschender Eindruck, sondern die schönen,
bunten Farben.
Gott hat die Welt schön gemacht, wir sind bei ihm in guten Händen, und er hilft uns, Liebe
weiterzugeben – das sind doch Gedanken, die auch in schweren Zeiten Mut machen können.
Den Mut, dass es mit Gottes Hilfe und mit viel Nächstenliebe doch weitergehen wird.
Das gibt uns auch den Mut, den bösen Tagen und den schlimmen Fakten realistisch zu
begegnen. Wir werden merken: Es gibt keine Patentrezepte. Rauschmittel oder Spielsucht
sind sowieso keine Lösung. Es nutzt auch nichts, wenn wir zum Workaholic mutieren und
eines Tages zusammenbrechen, aber es nutzt auch nichts, wenn wir der Harmoniesucht
verfallen und uns krampfhaft um Dinge wie Gleichgewicht und Wohlbefinden bemühen und
dabei den Kopf in den Sand stecken.
Wir können aber mit Gottes Hilfe folgendes tun: Uns der Wahrheit stellen, dass unser Leben
unsicher ist. Uns der Wahrheit stellen, dass unsere Umwelt in einem kritischen Zustand ist.
Uns der Wahrheit stellen, dass Friede nicht da einkehrt, wo Menschen oder Nationen nur an
sich denken, sondern dass Teilen, Verantwortung füreinander und Fairness untereinander der
Schlüssel zum Frieden sind.
Wir können mit Gottes Hilfe überlegen, was diese Wahrheiten uns für Aufgaben geben.
Vielleicht: bescheidener werden, mehr verzichten und teilen. Vielleicht: uns einsetzen für
Menschen in Notlagen. Vielleicht: uns noch mehr um Umweltschutz bemühen.
Und wir können mit Gottes Hilfe versuchen, nach Kräften die Aufgaben anzupacken, die
sich uns stellen. Und das Schöne ist: Wir müssen das nicht nur voller Angst und unter Druck
tun, sondern wir dürfen es in dem Vertrauen tun, dass Gott uns Gelingen schenkt, wo es
wichtig ist, und dass alles, was geschieht, bei Gott in guten Händen ist.
Denken wir noch einmal an Rolf und seine Vermieterin. Die Tochter der Vermieterin hatte
zu ihnen gesagt: „Klar ist Spielsucht oder Saufen nicht gut. aber vielleicht kann man sich ja
auch an der eigenen Kraft und Disziplin und Arbeit berauschen, es gibt doch Workaholics?
Oder ist es nicht auch eine Form von Berauschen, wenn man den Kopf in den Sand steckt
und nur immer guckt 'dass es mir und der Familie gut geht'?“ Nachdenklich saßen sie da.
Dann sagte Rolf: „Ja und nein. Ich denke, es ist nicht schlimm, fleißig zu arbeiten. Aber
du hast Recht, das kann umkippen in Arbeitssucht und egoistisches Streben nach Karriere
und Reichtum. Dann habe ich auch keinen klaren Kopf mehr. Da muss ich wirklich
aufpassen.“ Auch die Vermieterin nickte: „Harmonie für sich und die Familie zu suchen, ist
nicht schlecht. Und man kann sich wirklich nicht den ganzen Tag mit schlechten
Nachrichten zuballern. Aber das kann umkippen in einen Egoismus, wo ich nur an mich und
mein kleines Leben denke. Dann habe ich auch keinen klaren Kopf mehr. Auch ich muss da
wirklich aufpassen.“
Ja, liebe Gemeinde, passen wir auf. Erinnern wir uns jeden Tag daran, dass Gott die Welt
schön geschaffen hat, dass er unser Leben in der Hand hat und uns genug Liebe gibt, damit
wir Liebe weitergeben können. Und in dieser Gewissheit können wir dann das Leben in den
Blick nehmen, uns überlegen, was Gott uns darin für Aufgaben stellt, mutig zupacken und
alles, was wir nicht in der Hand haben, Gott anbefehlen. Wenn wir so aufpassen, dann
werden wir uns nicht berauschen und am Leben vorbei leben, sondern mit Gottes Hilfe das
Leben leben, das er für uns vorgesehen hat und das sich am Ende als gut erweisen wird.
Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, wir bitten dich: Präge du unsere Herzen und unseren Verstand durch deinen
Heiligen Geist. Hilf, dass wir durch deinen Geist fähig werden, die Schönheit der Welt zu
erkennen, auf deine Liebe und Hilfe zu vertrauen und deine Liebe auch weiterzugeben. Lass
uns erfahren, dass das dem Leben dient. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in
Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der
heilige Geist. Amen