Juli - 6. So. n. Trinitatis

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Liebe Gemeinde!
„Weißt du denn nicht, dass du schon gestorben bist?“ Impulsive Menschen würden den
Frager vielleicht den Vogel zeigen. Die Thrillerleser würden vielleicht argwöhnen: „Soll das
eine Drohung sein?“ Die Nachdenklichen würden vielleicht sagen: „Was soll denn das
heißen, das musst du mir erst einmal erklären.“ „Weißt du denn nicht, dass du schon
gestorben bist?“ Diese Frage hat jedenfalls einen der oberen Plätze auf der Hitliste der
seltsamen Fragen entdeckt. Nun, diese Frage habe aber nicht ich erfunden. Sie kommt,
etwas anders formuliert und mit Erklärungen versehen, vor bei Paulus im Römerbrief im 6.
Kapitel. Hören wir, was er da schreibt:
Röm. 6,3-11: 3 Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die
sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod,
auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so
auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen
sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung
gleich sein. 6 Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib
der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer
gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben,
so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, 9 und wissen, dass Christus, von den
Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod wird hinfort nicht über ihn herrschen. 10 Denn
was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal; was er aber lebt, das
lebt er Gott. 11 So auch ihr: Haltet euch für Menschen, die der Sünde gestorben sind und für
Gott leben in Christus Jesus.
Liebe Gemeinde, auch Paulus bezeichnet uns also als gestorben oder begraben. Aber wir
merken hier auch, wie er sich das vorstellt. Er spielt damit auf die Taufe an. In unserer
Taufe sind wir tatsächlich gestorben. Aber gleichzeitig ist neues Leben entstanden.
Ja, in der Taufe wird tatsächlich ein Mensch umgebracht, nämlich der alte Mensch in uns.
Der, der immer wieder der Versuchung erliegt, davon auszugehen, dass er sein Leben selbst
in der Hand hat. Der, der immer alles im Griff haben will und Unsicherheit deshalb nur
schwer erträgt. Der, der sich in jeder Hinsicht absichern will. Der, der sich nicht
vertrauensvoll in Gottes Hände gibt und die Beziehung mit ihm sucht, sondern sich nur
selbst optimieren will, um dann bei Gott Ansprüche stellen zu können. Der, der den Bezug
zu seiner Lebensgrundlage, zu dem, was ihn eigentlich hält und trägt, immer wieder verliert,
weil er sich selbst in den Mittelpunkt stellt statt Gott. Der Mensch, der eben nicht von Gott
beherrscht wird, sondern vom Bösen, das versucht, ihn von Gott zu trennen. Und der
deshalb unweigerlich den Weg in den endgültigen Tod geht, bei dem alles aus ist.
Aber in der Taufe wird auch ein neuer Mensch geboren: der Mensch, der der Sünde nicht
mehr schutzlos ausgeliefert ist, weil er zum gestorbenen und auferstandenen Jesus Christus
gehört. Der, der den Bezug zu seiner Lebensgrundlage behält und dadurch Mut und
Vertrauen bekommt und zu guten Taten bewegt wird. Der, der mit Jesu Hilfe seinen Weg ins
ewige Leben nimmt und unter der Gnade Gottes steht.
Taufe ist also nicht nur eine gute Sitte. Taufe ist auch nicht nur der Segen für ein niedliches
kleines Baby, auch wenn Taufe natürlich mit Segen b´verbunden ist, aber eigentlich ist
Taufe eine umfassende Lebensveränderung. Hört sich schön an, oder?
Da gibt es allerdings nur einen Haken: Noch leben wir in dieser Welt, wo Gott und das Böse
um uns kämpfen. Und ich vermute, wer ehrlich ist, der ertappt sich vielleicht manchmal
dabei, dass er Gott aus den Augen verliert.
Er wächst über sich hinaus. Er arbeitet, stresst sich rein. Die Kollegen sind krank, aber Er
arbeitet. Oft doppelt so viele Stunden, wie er müsste. Er ist überall, er springt überall ein, er
denkt an alles – und dann kommt die Besetzung der nächsthöheren Stelle. Er wird nicht
gewählt, und für ihn bricht eine Welt zusammen. Dass jemand anders als er befördert
werden könnte, ist ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Er hat vor lauter Arbeit den Bezug
zu seinem Schöpfer verloren, das Bewusstsein, dass Gott uns vielleicht ganz andere Wege
führen will als die, die wir uns denken, das Vertrauen, dass Gottes Wege die besten Wege für
uns sind.
Schnell drückt sie sich mit ihrem vollgepackten Einkaufswagen nach draußen. Ach ja, sie
findet das Hamstern ja auch nicht gut. Sie weiß genau, dass es unfair ist gegenüber den
anderen Kunden. Aber wenn sie nachts nicht schlafen kann, weil sie sich fragt, wie sie in
diesen schwierigen Zeiten ihre Kinder durchbringen soll, dann ist es ihr ein kleiner Trost,
wenn sie weiß: Ich habe 50 Kilo Mehl und 40 Liter Öl gekauft, die liegen wohl verwahrt im
Keller. Die Hoffnung auf einen Gott, der für sie sorgt, hat sie im Kampf um die Existenz
verloren.
Ja, so kann es laufen. Da haben Menschen eine gute Haltung, wollen das Beste, machen sich
auch ein Gewissen und verlieren doch heimlich, still und leise den Bezug zu ihrem
Schöpfer. Aber die Taufe sagt uns: Dabei muss es nicht bleiben. Wir sind nämlich für die
Sünde gestorben. Das heißt: Weil es auf Tote keine Ansprüche mehr gibt, hat die Sünde auch
keinen Anspruch mehr auf uns. Wir dürfen umkehren und unseren Schöpfer jeden Tag neu
bitten, dass er den Bezug zu sich nicht abreißen lässt. Und dann kann sich neues Leben
auftun.
Nach seinem Zusammenbruch lag er im Bett. Seine letzten Arbeitsmonate zogen im Geiste
an ihm vorüber. Und er merkte: „So will ich das eigentlich gar nicht, für alles da sein
müssen. Etwas ruhiger geht es besser, und mehr Zeit für mich habe ich auch.“ Er suchte sich
neue Hobbys, nahm sich mehr Zeit für die Familie und erholte sich so gut, dass er seine
Arbeit wieder gerne tat und den neuen Vorgesetzten mit aufrichtiger Freundlichkeit
begrüßen konnte.
Eines Nachts, als sie einmal wieder im Bett lag, voller Sorgen einerseits und voller
Gewissensbisse andererseits, dachte sie an ihre Oma zurück. Die hatte immer mit ihr
gebetet: „Jedes Tierlein hat sein Essen, jedes Blümlein trinkt von dir, hast auch unser nicht
vergessen, lieber Gott, wir danken dir.“ Und in den folgenden Nächten merkte sie: Dieses
einfache Gebet beruhigt mich mehr als das Mehl und das Öl in meinem Keller. Die Sorgen
waren nicht vorbei. Aber sie schaffte es wieder besser, nicht von der Angst gefressen zu
werden, sondern gesunde und vernünftige Vorsorge für ihre Kinder zu treffen.
Taufe heißt: Wir dürfen umkehren, Tag für Tag. Immer wieder, in dieser Welt, wo wir so
schnell den Bezug zu unserer Lebensgrundlage, zu Gott, verlieren, dürfen wir zu ihm
zurückkehren, er wartete mit offenen Armen auf uns. Das wird uns in der Taufe persönlich
zugesagt: Du bist dem Bösen gestorben, du gehörst zu Gott, und deshalb kann alles gut
werden, obwohl du ein Sünder bist.
Eine ermutigende Aussicht, die das Leben wirklich komplett verändert. In manchen
Missionsfeldern war es früher Sitte, dass sich neu getaufte Menschen Namen gaben, die
diese Lebensveränderung auch anzeigten. Viele davon sind eine Betrachtung wert.
Einer nannte sich: „Ich bin umgezogen.“ Ich lebe nicht mehr im Bannkreis des Bösen,
sondern in der Sphäre Jesu, und deshalb lohnt es sich auch, gegen das Böse anzukämpfen,
wenn es mich im Alltag einholen will.
Eine Frau nannte sich: „Ich bin gepflanzt.“ Sie spürte: Das, was da neu entstanden ist, muss,
wie eine Pflanze, gehegt und gepflegt werden, damit es den Stürmen des Alltags standhält.
Einer nannte sich: der Frohgemachte. Er merkte: Durch die Taufe ist mein Leben froher und
besser geworden. Ich habe mehr Mut und Vertrauen, weniger Angst und Wut, ich kann mein
Leben besser bewältigen, habe ein gutes Ziel und habe eine Hoffnung, die nie zu Ende ist.
Liebe Gemeinde, was wäre Ihr Lieblingsname nach der Taufe? Bleib bei Gott? Er hat mich
angenommen? Ich bin gerufen? Ich werde geliebt? Ich halte mich fest an ihm? Ein neuer
Mensch? Oder noch etwas ganz anderes? Vielleicht wäre es eine gute Übung, uns einmal zu
überlegen, welcher Name zu unserem persönlichen Leben als Getaufte passen würde.
Schreiben wir uns diesen Namen doch auf, merken wir ihn uns und überlegen uns nach
einer Woche Alltag, ob er noch zu uns passt. So können wir an unsere Taufe denken – und
es ist gut, wenn wir uns erinnern: Es ist gar nicht so schlecht, dass wir schon gestorben sind,
wie Paulus es beschreibt, denn in der Taufe sind wir für die Sünde gestorben, um für Jesus
Christus zu leben und so Sinn und Ziel im Leben zu finden. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, wir danken dir. Du willst uns herausholen aus den Teufelskreisen dieser Welt,
aus dem Leben in Sünde. Du willst uns hereinholen in ein neues Leben, das Sinn und Ziel
findet – bei dir. In der Taufe versprichst du uns das ganz persönlich. Wir danken dir dafür
und bitten dich: Hilf uns. dass wir uns in unserem Leben dir anvertrauen, deinen Willen tun
und erfahren, dass ein Weg mit dir ein guter Weg ist. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in
Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der
heilige Geist. Amen