Sept. - 12. So. n. Trinitatis

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Laßt uns in der Stille um den Segen des Wortes beten ... Amen.
Wir hören Verse aus dem Gebet Salomos bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem. Sie
stehen in 1. Kön. 8,27-30: 27 Denn sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der
Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus
tun, das ich gebaut habe? 28 Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem
Flehen, HERR, mein Gott, auf dass du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor
dir: 29 Lass deine Augen offen stehen über diesem Hause Nacht und Tag, über der Stätte,
von der du gesagt hast: Da soll mein Name sein. Du wollest hören das Gebet, das dein
Knecht an dieser Stätte betet, 30 und wollest erhören das Flehen deines Knechts und deines
Volkes Israel, wenn sie hier bitten werden an dieser Stätte; und wenn du es hörst in deiner
Wohnung, im Himmel, wollest du gnädig sein.
Liebe Gemeinde!
Herr Menschlich trug eine große Rolle unter dem Arm. Er stellte sich hin, rollte die Rolle
auf und sagte zu Gott: „Ich habe dir meinen Wunschzettel mitgebracht. Ich wünsche mir,
dass du immer dann zur Stelle bist, wenn ich in Not bin, und mir schnell hilfst. Ich wünsche
mir, dass du mich nicht störst, wenn alles gerade rund läuft. Ich wünsche mir, dass du die
Guten förderst und den Bösen Einhalt gebietest. Und ich wünsche mir Frieden auf der
Welt.“ Herr Menschlich rollte die Rolle wieder zusammen und reichte sie Gott: „Bitteschön.
Ich dachte, die Kirchweih ist der richtige Tag, um dir meine Wünsche zu überreichen.“ Gott
antwortete: „Vergiss es. Ich bin nicht dein Angestellter!“
Ja, Gott ist nicht unser Angestellter. Der weise König Salomo hat das begriffen. Er weiß,
dass Gott sich nicht einsperren lässt, auch nicht in ein noch so liebevoll gestaltetes
Gotteshaus. Er weiß: Es ist Gottes Gnade, dass er Gebete erhört und für die Menschen da
ist. Es ist Gottes Gnade, wenn ein Gotteshaus zum Ort wird, wo Menschen sich auf ihn
einstellen und etwas von ihm spüren können. Gott ist unverfügbar. Wann, wo und wie er
sich uns zuwendet, ist seine Entscheidung, nicht unsere. Salomo hat das richtig erkannt,
aber es ist nicht so leicht zu verdauen.
Wahrscheinlich können viele von uns Herrn Menschlich gut verstehen. Wer wünscht sich
nicht von Gott Hilfe in der Not, ein ruhiges, problemfreies Leben, Gerechtigkeit für die
Guten und die Bösen und den Frieden? Solche Wünsche sind doch typisch menschlich. Aber
Gott ist eben nicht unser Angestellter. Er liefert nicht einfach auf Bestellung. Er lässt sich
nicht einsperren, nicht in ein Haus und auch nicht in das Korsett unserer Wünsche und
Erwartungen. Und er lässt sich auch nicht aussperren aus dem Leben oder aus Bereichen
unseres Lebens.
Ja, damit müssen wir uns abfinden: Gott ist nicht unser Angestellter, über den wir verfügen
können. Er ist unverfügbar, und was er Gutes an uns tut, ist seine Gnade und Liebe. Das
kann sogar recht schmerzlich sein. Denn das kann bedeuten: Manchmal müssen wir eine
Notlage viel länger aushalten, als es uns lieb ist – wir sehen es ja am Krieg in der Ukraine
und an allen schlimmen Folgen, die er mit sich bringt. Oder: Manchmal stört Gott eben doch
unser Leben; wir wären zufrieden, wenn alles so weiterginge wie bisher, aber Gott mutet
uns Veränderungen, Verluste, Neues oder Schwieriges zu. Oder: Wir müssen damit leben,
dass es Menschen, die wir sehr lieben und schätzen und die wir als durch und durch gut
erkennen, Schlimmes mitmachen müssen, während es anderen, die wir als die größten
Fieslinge empfinden, unverschämt gut geht.
Gott ist nicht unser Angestellter. Damit müssen wir leben. Oder sollte man vielleicht besser
sagen: „Damit dürfen wir leben“? Hören wir einmal, wie die Geschichte von Herrn
Menschlich weiterging. Herr Menschlich war geschockt. „Vergiss es. Ich bin nicht dein
Angestellter“, hatte Gott zu ihm gesagt. Was für eine herbe Aussage. Während Herr
Menschlich noch wie ein begossener Pudel dastand, reichte Gott ihm ein Päckchen. „Hier.
Meine Antwort auf deinen Wunschzettel.“ Herr Menschlich packte aus, und er fand eine
Bibel. „Nanu, was willst du mir damit sagen?“, fragte Herr Menschlich, „stehen darin die
Tricks, wie sich meine Wünsche doch noch erfüllen?“ „Das nicht ganz. Aber du kannst
darin finden, was ich dir statt dessen schenke“, erklärte Gott. „Ach ja, was denn zum
Beispiel?“, fragte Herr Menschlich gespannt. „Nun, ein Beispiel: Ich bin zwar immer
schnell zur Stelle, wenn du in Not bist. Ich verlasse dich nicht. Aber ich beende nicht immer
gleich jede Not, wie du es dir vorstellst.“ „Aber warum nicht?“ „Das musst du mir
überlassen“, erklärte Gott, „irgendwann wirst du meine Wege verstehen. Und ich glaube, du
hast das auch schon erlebt. Neulich hast du zu deinen Kindern gesagt: Eigentlich wäre ich
gerne ins Gymnasium gegangen und hätte studiert. Da war aber kein Geld da, und darüber
war ich furchtbar traurig. Aber letztendlich war das gut, denn jetzt habe ich meinen
Traumberuf gefunden. Du siehst, manchmal erkennt man den Sinn von einer Not erst im
Nachhinein. Aber du darfst vertrauen: Ich, der ich um deinetwillen meinen Sohn ans Kreuz
gegeben habe, ich habe dich lieb und will das Beste für dich.“ „Dann wirst du mir sicher
gleich erzählen, dass es auch einen Sinn hat, wenn du mich störst, obwohl es gerade rund
läuft bei mir“, knurrte Herr Menschlich. „Genau“, sagte Gott, „auch dabei denke ich mir
etwas. Hast du schon einmal überlegt, warum es dir ganz gut tut, wenn dir bewusst wird,
dass nicht alles Gute selbstverständlich ist?“ Herr Menschlich dachte nach. Und dann fiel
ihm die letzte Fastenzeit ein. Seine Familie wollte das unbedingt einhalten. Schließlich hatte
er grummelnd mitgemacht bei dem Plan, auf Süßigkeiten zu verzichten. Und dadurch hatte
sich in seinem Leben etwas verändert. Er fühlte sich wohler und hatte ein paar Kilo
abgenommen. Und wenn er jetzt mal, nur zu Festtagen, etwas Süßes aß, war es ihm zu
einem besonderen Hochgenuss geworden, über den er sich besonders freute. Gott sah ihm
seine Gedanken an und sprach: „Siehst du? Da habe ich dich gestört, damit du dich über
etwas, was du selbstverständlich genommen hast, umso mehr freust. Hat doch geklappt,
oder?“ Herr Menschlich nickte. „Aber das mit dem Einhalt für die Bösen und der Förderung
für die Guten, das willst du doch bestimmt auch?“, fragte er dann, warum willst du mir dann
diesen Wunsch nicht erfüllen?“ „Wer sind denn die Guten und wer sind denn die Bösen,
und wer bestimmt das?“, fragte Gott zurück. Herr Menschlich dachte nach. „Siehst du“,
meinte Gott, „so einfach ist es oft nicht. Kaum ein Mensch ist durch und durch gut oder
durch und durch böse. Ihr alle seid meine Geschöpfe. Ihr alle habt eure Fehler, und doch
seid ihr für mich unendlich liebenswert. Ich will, dass du das lernst und dich entsprechend
verhältst.“ „Du meinst, jeden Menschen als dein geliebtes Geschöpf achten?“, fragte Herr
Menschlich. „Genau“, erklärte Gott, „denn dann kommst du der Erfüllung deines vierten
Wunsches näher: dem Frieden. Denn du wirst doch meine Geschöpfe nicht misshandeln
wollen, du willst sie doch sicher nicht in der Not allein lassen oder ihnen etwas
wegnehmen? Und wenn du all das lässt, statt nur an dich zu denken, dann kommt der Friede
näher. Hier, in der Bibel, da findest du das alles.“ „Das alles leuchtet mir ja ein“, gab Herr
Menschlich zu, „aber es ist auch ganz schön kompliziert. Immer nachdenken müssen, wer
gut und wer böse ist, durch Nöte hindurchmüssen, ohne zu verstehen, warum – das ist doch
ganz schön schwierig. Was kann mir dabei helfen?“ Gott schmunzelte: „Vergiss nicht, dass
heute Kirchweih ist!“ „Ach so, du meinst, es hilft mir, weil wir hier ein Gotteshaus haben?“
„Genau“, sagte Gott, „einen Ort, wo du zur Ruhe kommen kannst. Einen Ort, wo alle
Gegenstände, Worte und Lieder dich an mich erinnern. Einen Ort, wo du Kraft schöpfen und
Frieden finden kannst und wo du mal eine Auszeit nehmen kannst vom Alltagsstress.“ Herr
Menschlich stimmte innerlich zu, aber eine Frage hatte er dann doch noch: „Aber warum
wird dann die Kirchweih überall gefeiert? Warum treffen sich die Leute dann im Wirtshaus
zum Essen oder auf dem Sportplatz oder beim Metzger oder auf dem Dorfplatz, und warum
essen sie lecker, statt in die Kirche zu gehen?“ Gott lächelte: „Weil Kirche und
Gemeinschaft zusammengehören. Heute macht ihr Menschen einander Freude, weil ihr euch
treffen und feiern könnt. Ein anderes Mal steht ihr einander in der Not bei, oder vielleicht
ermuntert ihr einander im Glauben. Kirche ist mehr als nur ein Haus. Kirche ist
Gemeinschaft derer, die zu mir gehören. Deshalb bin ich überall dabei und will mich aus
eurem Leben nicht aussperren lassen, nicht im Gottesdienst und nicht am Biertisch und
nicht im Krankenbett. Überall will ich dabei sein und für euch da sein.“ „Weißt du“, sagte
Herr Menschlich, „wenn ich so nachdenke, sind deine Geschenke sogar noch interessanter
als es nur die Erfüllung meiner Wünsche gewesen wäre.“ Und fröhlich ging er mit der Bibel
in der Tasche davon.
Liebe Gemeinde, wir müssen, wie Salomo, einsehen, dass man Gott nicht einsperren oder
aussperren kann. Er ist nicht unser Angestellter, und das kann schmerzlich sein. Aber das
bringt andere Geschenke mit sich: Vertrauen dürfen, dass auch Schweres einen Sinn haben
kann. Die Güter des Lebens als Geschenke Gottes begreifen und sich umso mehr darüber
freuen. Alle Menschen als geliebte Geschöpfe Gottes begreifen und so dem Frieden näher
kommen. Noch immer ist Gott nicht leicht zu fassen und unverfügbar. Aber seine
Geschenke sind für uns da, und gemeinsam, als Kirche Jesu Christi, dürfen wir einander
helfen, sie anzunehmen und zu begreifen. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist –
heute bei der Kerwa und jeden Tag. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, du bist größer als alles, kein Haus kann dich fassen. Und doch wendest du dich
uns zu. In unserem Gotteshaus können wir Ruhe finden, Gottesdienst feiern, uns auf dich
einlassen. In unserer Gemeinde dürfen wir zusammenkommen. Gemeinschaft haben und
uns austauschen über dich und das Leben. Dafür danken wir dir. Wir bitten dich: Mache
unsere Kirche und unsere Gemeinde zu einem Ort, wo Menschen zum Glauben an dich
finden oder darin bestärkt werden. Und stärke auch unser Vertrauen auf dich, damit wir Mut,
Kraft und Zuversicht für jeden Tag bekommen. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in
Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der
heilige Geist. Amen