Okt. - Erntedank

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
5. Mose 8,7-18: 7 Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin
Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen
fließen, 8 ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel
wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, 9 ein Land, wo du Brot genug zu
essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz
aus den Bergen haust. 10 Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den Herrn,
deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 11 So hüte dich nun davor, den
HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte,
die ich dir heute gebiete, nicht hältst. 12 Wenn du nun gegessen hast und satt bist und
schöne Häuser erbaust und darin wohnst 13 und deine Rinder und Schafe und Silber und
Gold und alles, was du hast, sich mehrt, 14 dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht
überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat,
aus der Knechtschaft, 15 und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo
feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war, und ließ dir Wasser
aus dem harten Felsen hervorgehen 16 und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem
deine Väter nichts gewusst haben, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit er dir
hernach wohltäte. 17 Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner
Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. 18 Sondern gedenke an den HERRN,
deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte
seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.
Liebe Gemeinde!
Eine Gruppe afrikanischer Delegierter besichtigte einmal einen Wasserfall in Deutschland.
Sie standen und standen und standen. Schließlich kam ihr Fahrer und sagte: „Wir müssen
jetzt fahren, sonst kommen wir nicht rechtzeitig zum nächsten Termin!“ Da antworteten die
Afrikaner: „Aber wir müssen doch warten, bis es aufhört!“ Ja, wenn es im eigenen Land
immer trocken ist, dann sieht man, was für ein Wunder es ist, wenn stetig Wassermassen
einen Felsabhang hinunterstürzen.
So ein Staunen überkommt mich jedes Jahr, wenn ich den Erntedankaltar sehe. Unglaublich,
was da wieder gewachsen ist. Diese bunte Vielfalt, die uns da geschenkt wurde und die wir
genießen dürfen. In diesem Jahr überkommt mich das Staunen sogar umso mehr. Ich denke
an den Tag, an dem in der ganzen REWE nur noch 2 Tüten Mehl standen und eine entnervte
Mitarbeiterin sagte: „Wir haben Mehl bestellt, aber sie haben nur Zucker geliefert.“ Ich
denke an die braunen Rasenflächen, die ich in diesem Jahr an vielen Orten gesehen habe,
und die zum Teil sehr braun aussehenden Blätter am Mais. Und ich denke an die
Nachrichten, die wir gehört und gesehen haben dieses Jahr – vom Klimawandel und vom
Krieg, der dafür sorgt, dass viele Menschen nicht genug zum Leben und zum Essen haben.
Ja, in diesem Jahr wurde es uns wieder besonders krass vor Augen gehalten: Dass wir genug
zum Leben haben, ist nicht selbstverständlich. Und doch dürfen wir heute hier sitzen und
sehen, was Gott uns wieder Gutes hat gedeihen lassen. So bunt, so vielfältig, so gesund, so
schön anzusehen und lecker zu essen. Für jeden Geschmack etwas Gutes dabei. Ist das kein
Grund zun Staunen und Danken?
Staunen würde auch das Volk Israel, wenn es in das gelobte Land käme, so vermutete Gott.
Denn was warteten da für Wunder: Getreide und Wein, Feigenbäume, Granatäpfel, Ölbäume
und Honig, genug zu essen, Bodenschätze, Platz zum Bauen.
Aber Gott hatte auch schon die nächste Stufe i m Blick, und davor warnte er Israel: Wenn
das alles normal wird, dann kann es passieren, dass ihr euren Gott vergesst. Dann bildet ihr
euch viel auf euren Einfluss, eure Möglichkeiten, eure Arbeitskraft ein und vergesst, wer
euch eure Kräfte gibt und wer alles gelingen lässt. Und ihr vergesst vielleicht sogar die
Gesetze und Gebote eures Gottes. Tut das nicht, sondern denkt stets an Gott, der euch Kräfte
gibt.
Kann das uns auch passieren? Nun, ich könnte es verstehen. Wer im Garten arbeitet oder
Landwirtschaft betreibt, arbeitet ja schließlich hart. Da gibt es schwere Knochenarbeiten zu
bewältigen, aber auch manches, was zur Geduldsprobe wird. Für Landwirtinnen und
Landwirte gibt es oft lange Arbeitstage, wenig Möglichkeit zum Urlaub, plötzliche Einsätze
in der Nacht, etwa wenn die Kälber zur Welt kommen. Und dazu die überbordende
Bürokratie! Und wer nicht direkt in der Landwirtschaft tätig ist, verdient ja das Geld, von
dem er lebt, auch durch harte Arbeit in anderen Bereichen. Da könnte es tatsächlich leicht
passieren, dass die eigene Leistung, die eigene Arbeit, das eigene Denken und Planen in den
Vordergrund rückt und wir nicht mehr im Blick haben, dass Gott die Arbeit gelingen lässt
und die Früchte gedeihen lässt.
Also ein wichtiger Rat: Gedenke an den Herrn, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte
gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern
geschworen hat, so wie es heute ist.
Gut, dass wir das Erntedankfest haben, um an den Herrn zu gedenken und uns neu bewusst
zu machen, dass alle guten Gaben von ihm kommen.
Denn dann leben wir im Einklang mit Gott. Und dann leben wir auf das ewige Leben, das
gelobte Land hin, das Gott uns schenken will. aber wie sieht dieses Leben aus?
Unser Abschnitt sagt es: Dazu gehört, die Gebote Gottes nicht zu vergessen. Zum Beispiel
das Gebot Gottes, den Nächsten zu lieben wie uns selbst. Nun, wenn wir selbst daran
denken, dass wir gerne genug zum Essen und genug zum Leben haben wollen, dann werden
wir das anderen auch gönnen.
Vielleicht denken wir an die Menschen um uns herum und daran, was ihnen zum Leben hilft
und überlegen, was wir tun können, etwa an die Katastrophenhilfe oder Brot für die Welt
oder die kirchliche allgemeine Sozialarbeit spenden. Oder wir achten darauf, faire Preise zu
zahlen. Oder wir versuchen, möglichst wenig Lebensmittel wegzuwerfen. Oder wir
versuchen, auf Statussymbole zu verzichten, die andere demütigen.
Vielleicht denken wir an die Menschen nach uns und schützen, so gut wir können, die
Umwelt, indem wir Energie sparen, nachhaltig kaufen, wo wir können und das Unsere tun,
um die Welt möglichst auch für nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten.
Wer daran denkt, dass Gott uns Kräfte gibt, der behält nicht alles für sich, sondern misst
jedem Geschöpf seinen Wert zu und ist mehr zum Teilen, zum Helfen und zu einem guten
Miteinander bereit.
Also ist es auch wieder eine anstrengende Aufgabe, dem Erntedank gemäß zu leben und
daran zu denken, dass alles Gute von Gott kommt?
Nicht nur, denn es ist auch eine rechte Freude. Ich möchte es Ihnen gerne an einem Beispiel
erklären. Dazu habe ich Ihnen ein paar von den Äpfeln mitgebracht, die am Apfelbaum in
meinem Garten wachsen. Ich denke, viele Menschen, darunter ich selbst, wären nicht gerade
glücklich, solche Äpfel im Supermarkt angeboten zu bekommen. Sie sind klein und längst
nicht so schön wie viele andere Äpfel. Und kräftig hineinbeißen sollte man nicht, wenn man
sie vegetarisch, also ohne Wurm genießen möchte. Denn die Quote der vewurmten Äpfel
liegt bei geschätzten 80 bis 90%. In der Regel muss ich vier bis fünf Äpfel ausschneiden
und in mein Müsli schnippeln, um so viel essbaren Obstanteil zu erhalten wie sonst bei
einem Apfel. Ja, es müsste noch einiges passieren, dass ich solche Äpfel kaufe. Aber: Sie
wachsen in meinem Garten am Baum. Es rührt mich, dass der Baum jedes Jahr sein Bestes
tut und so viele Äpfel liefert. Da kommt bei mir ein Erntedankgefühl auf, und deshalb lasse
ich die Äpfel nicht liegen, sondern sammle sie auf und mache mir die Mühe, sie
auszuschneiden und zu essen. Und dann, wenn sie erst mal im Müsli liegen, ist es nicht nur
ein anstrengendes, verwurmtes Zeug, sondern ich genieße den leicht säuerlichen Geschmack
und freue mich an meinen Äpfeln, und mein Tischgebet ist voller Freude, weil ich wirklich
das Wunder erlebt habe, wie die Äpfel langsam an meinem Baum gewachsen sind.
Erntedank kann uns so helfen, uns mehr zu freuen an dem, was da ist.
Sei es, indem wir das Geerntete froh genießen oder indem wir uns an den Erntegaben am
Altar freuen.
Erntedank heißt eben nicht: Wir gucken säuerlich, wo wir uns noch etwas für andere
absparen können. Sondern: Wir nehmen wahr, was Gott uns schenkt. Wir freuen uns von
Herzen darüber. Wir spüren unseren Reichtum und Gottes Fürsorge und werden so bereit,
auch an andere zu denken.
Und so schenke uns Gott seinen guten Geist, damit wir uns heute und alle Tage an den Rat
halten: Gedenke an den Herrn, deinen Gott; denn er ist’s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu
gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es
heute ist. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, wir danken dir für deine guten Gaben. Danke, dass wir genug zum Essen und
Trinken haben und leben können. Danke, dass du uns mit deiner Liebe begleitest und
segnest. Hilf uns, deinen Segen nicht selbstverständlich zu nehmen, sondern uns daran zu
freuen und ihn gerne zu teilen. Und lass uns den Frieden spüren, der daraus entsteht. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in
Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der
heilige Geist. Amen