3. Sonntag nach Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Mi 7,18-20: 18 Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die übrig geblieben sind von seinem Erbteil; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er ist barmherzig! 19 Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen. 20 Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast.

Liebe Gemeinde!
Israel, um 700 v. Chr.: Der Prophet Micha wehrt sich gegen die sozialen Missstände im Land. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Reichen kennen auch viele Tricks, um ihr Gut zu mehren: sich zu ihren eigenen Gunsten verrechnen, die Waage so zu manipulieren, dass sie zu ihren Gunsten anzeigt oder den Ärmeren gleich ganz zu enteignen. Und Micha sagt, in einer Zeit, als die Assyrer schon eifrig dabei sind, die Nachbarländer zu erobern, dem Volk Israel Schlimmes voraus.
Könnte uns so etwas auch passieren? Wir haben zwar, verglichen mit anderen Ländern ganz gute soziale Absicherungen, Umweltstandards und ein gutes Gesundheitssystem. Aber gerade Corona zeigt uns in vielerlei Hinsicht, was auch bei uns im Großen und im Kleinen schief läuft. Auch in unseremLand haben Menschen unwürdige Arbeitsbedingungen. Auch in unserem Land wohnen Menschen so zusammengedrängt, dass sie keine Hygiene halten können. Auch bei uns trifft die Kurzarbeit die Menschen mit niedrigerem Einkommen stärker. Auch bei uns haben nicht alle Kinder die gleichen Chancen, weil es manchen an elektronischer Ausrüstung fehlt oder an Unterstützung durch die Eltern beim selbständigen Lernen. Dass Corona bei uns auch  die Umwelt an manchen Punkten aufleben lässt, zeigt, wie sehr unser normaler Alltag die Umwelt schädigt. Es gibt also auch bei uns manches zu bemängeln. Und es ist gut, uns zu fragen, welche Rolle wir dabei spielen: Sind wir selber manchmal nur auf unseren Vorteil erpicht, ohne die Nöte der anderen zu sehen? Kaufen wir gedankenlos ein und fördern dadurch Betriebe, die zu ihren Arbeitern unfair sind? Leben wir umweltschädigend? Müssten wir uns viel mehr einsetzen, damit alle gut leben können? Mancher wird vielleicht bei allem Bemühen merken, dass er nicht ohne Schuld und Fehler ist. Und vielleicht hat obendrein mancher in der Coronazeit für sich ganz persönlich entdeckt, wo er falsch gelebt hat, wo er vielleicht Unwichtiges zu wichtig genommen hat, wo er vielleicht früher zu wenig Zeit für die Familie hatte und zu viel Zeit für andere Kleinigkeiten, wo er sich selbst um Zeit fürs Nachdenken und Innehalten gebracht hat. Ja, wer sich selbst für schuld- und fehlerlos hält, dürfte schief gewickelt sein.  Das zeigt uns gerade die Coronazeit. Auch uns hätte der Prophet sicher einiges zu sagen gehabt.
Nun, der Prophet Micha beendet sein Buch mit einem Gebet. Und was er da für Reaktionen Gottes schildert: zertrampeln, unter die Füße treten und dann noch ins Meer versenken. Ein richtiger Ausbruch Gottes wird da geschildert, das hat etwas von Rumpelstilzchen. Und das Schöne daran ist: Das ist nicht die Art, wie Gott mit dem Sünder, mit dem Menschen  umgeht. Sondern das ist  die Art, wie Gott mit unserer Sünde und Schuld umgeht. Nicht den Angeklagten behandelt der Richter so, obwohl die Vorwürfe schwer sind. Sondern die Anklageschrift: zertrampeln, wegschmeißen, unwirksam machen!
Und so spricht mitten in der Krise und Sorge Micha Gott an und sagt ihm: „Du bist doch gnädig und barmherzig! Du wirst uns nicht nach unserer Schuld bestrafen. Du wirst den Deinen treu sein und Gnade schenken! Deshalb dürfen wir auch darauf vertrauen, dass die schlimmen Zeiten irgendwann ein Ende haben.“
Ein unglaubliches Vertrauen! Zu so einem Richter, der die Anklageschrift zu Kleinholz macht, kann man kommen und kann sagen: „Ich habe Fehler gemacht und Mist gebaut.“ Und die Antwort wird lauten: „Ich weiß. Aber du bekommst Gnade. Und damit kannst du dich bessern.“
Wir dürfen uns also Gott vor Augen halten, wie er auf unserer Schuld einfach herumtrampelt und das, was dann noch davon übrig ist, ins Meer wirft.  
Ist das wirklich ein Bild dafür, wie Gott zu uns ist? Kein Traumbild des Propheten Micha, kein Trugbild für uns? Nun, wenn wir wirklich mehr Bestätigung brauchen, dürfen wir uns ein Bild aus dem Neuen Testament vor Augen halten. Da heißt es: Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet. Ja, Gott macht unsere Schuld einfach zunichte, so viel Gnade hat er.
Das kann aber wiederum uns den Mut geben, unsere Irrwege ehrlich einzugestehen und umzukehren. Denn wir müssen uns, wenn wir Schuld eingestehen, nicht vor Gott fürchten. Das kann uns den Mut geben, von Ausreden abzusehen und ehrlich zu sein. Auch müssen wir nicht mit einem Schlag die Welt verbessern und fehlerlos dastehen. Aber mit Gottes Hilfe können wir Schritte in die richtige Richtung tun, jede und jeder, wie es zu uns passt. Solche Schritte können ganz unterschiedlich aussehen. Einer verändert vielleicht sein Kaufverhalten und unterstützt mehr die Erzeuger der Region – wir haben hier ja gute Landwirte. Jemand anders beschließt vielleicht: „Ich gebe dem Nachbarskind meine Mailadresse und Telefonnummer, dann kann es mir Arbeitsblätter schicken und mich bei Fragen anrufen.“ Jemand anders beschließt vielleicht: „Auch wenn allmählich die normale Arbeit wieder anrollt, werde ich mir in Zukunft mehr Zeit für meine Familie reservieren.“ Jemand anders entscheidet sich vielleicht, sich mehr Zeit für Stille, Nachdenken und Gebet zu nehmen, weil er gemerkt hat, dass das gut tut. Und wieder jemand anders engagiert sich vielleicht für Benachteiligte und erhebt seine Stimme für mehr Gerechtigkeit im Land.
Liebe Gemeinde, Fassaden aufzurichten, uns und anderen immer vorzuspielen, dass alles gut ist und wir alles richtig machen, das strengt an. Aber dank Gott, der unsere Sünde zertrampelt und ins Meer wirft, dürfen wir wir selbst sein, ehrlich zu uns und zu anderen, bereit, an uns zu arbeiten und voll Vertrauen darauf, dass Gott uns liebt und zur Seite steht. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.  

Guter Gott, du wirfst unsere Sünde ins äußerste Meer. Zu dir können wir kommen, so wie wir sind. Wir danken dir dafür und bitten dich: Schenke uns deinen Geist, damit wir dir auf allen unseren Wegen vertrauen und gehorchen. Wir denken an alle Menschen, die besonderes Leid ertragen müssen. Sei du ihnen Tröster und Helfer. Mache uns bereit, Menschen im Leid Gutes zu tun und mit armen Menschen zu teilen, wo immer wir können. Dir vertrauen wir unsere Welt und unser Leben an. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen.