Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Mt. 4,1-11: 1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« 5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 8 Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.
Liebe Gemeinde,
Manfred saß im Wohnzimmer und nahm sich zusammen. Heute hatte er so eine Lust auf Schokolade. Aber er hatte sich doch vorgenommen, sieben Wochen lang keine Schokolade zu essen. Da kam auch noch Sabine herein. „Milka, die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“, trällerte sie und hielt Manfred eine geöffnete Tafel Schokolade unter die Nase, von der sie sich jetzt genüsslich ein Stück abbrach. „Oh, hör auf“, stöhnte Manfred, „ich habe doch eh schon so einen Gieper nach Schokolade!“ Schnell steckte Sabine die Schokolade weg. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Versuchung führen. Du, mir geht es heute ganz genauso mit dem Rauchen. Ich will ja 7 Wochen ohne Zigaretten durchhalten, und gerade heute fällt mir das richtig schwer.“ Manfred seufzte: „Immer dieser Kampf mit den Versuchungen. Das Leben ist doch sowieso schon schwer genug!“
Liebe Gemeinde! Da hat Manfred wohl Recht. Das Leben ist zur Zeit schwer genug. Und noch etwas: Wir brauchen nicht einmal eine Aktion wie „Sieben Wochen ohne“, um in Versuchungen zu geraten. Sondern Versuchungen lauern auf Schritt und Tritt, gerade in dieser schweren Zeit.
Da ist die Versuchung, sich dem Frust hinzugeben über immer neue schlechte Nachrichten. Dann werden wir hoffnungs- und antriebslos, wir können uns an nichts mehr freuen, strahlen schlechte Laune aus und machen vielleicht sogar anderen das Leben auch noch schwerer. Es erfordert Weitblick und Disziplin, für sich das richtige Maß zu finden, damit wir Nachrichten nicht verdrängen, aber auch nicht gebannt darauf starren wie das Kaninchen auf die Schlange. Und es erfordert Kraft, dass wir uns nicht nur runterziehen lassen, sondern trotzdem Gründe zum Danken für uns finden und für andere da sein können.
Und die größte Versuchung, die wir haben in solchen Zeiten, ist der Hass. Denn gerade wenn viel passiert, wird auch viel spekuliert und diskutiert, die Meinungen prallen aufeinander. Und es ist schwer, Andersdenkende zu achten, gerade wenn sie uns mit ihrer Meinung auf die Nerven gehen oder unser Leben beeinträchtigen. Es ist schwer, für Impfgegner die Coronaregeln der Regierung zu respektieren. Es ist schwer für alle, die diese Regeln und das Impfen befürworten, die „Querdenker“ zu respektieren, deren Verhalten die Pandemie eher anheizt, die unseren Staat als Diktatur beschimpfen, ohne zu bedenken, wie es sich in einer Diktatur wirklich lebt, und deren Thesen manchmal kaum zu begreifen sind. Und die allerschwerste Aufgabe der Zeit ist es, Putin nicht zu hassen, der so aggressiv ist und schon so viele Menschen auf dem Gewissen hat. Es ist schwer, sich unermüdlich immer wieder zu sagen: „Auch die, die in meinen Augen nur verrücktes Zeug sagen und tun, sind Menschen, haben einen Wert und eine Würde.“ Viel leichter fällt es, diese Leute zu hassen, weil sie das Leben der anderen schlechter machen. Hass ist eine große Versuchung, und selbst wenn wir den Hass umgehen, haben wir noch die Aufgabe, zu entscheiden: „Wo und wie setzen wir Menschen am besten Grenzen, damit sie das Leben anderer nicht kaputt machen?“
Versuchung, da geht es wirklich um den Kampf zwischen gut und böse, das sehen wir in unserer Zeit sehr deutlich.
Wer sich in der Fastenzeit irgendeinen Verzicht oder eine Veränderung vorgenommen hat, erlebt vermutlich immer wieder kleine Versuchungen wie das Stück Schokolade, die Zigarette oder das Glas Wein. Diese kleinen Versuchungen können uns helfen, denn sie machen uns bewusst: Wir haben jeden Tag Versuchungen, sie gehören zum Leben. Aber wir sind damit nicht allein. Auch zum Leben und Leiden Jesu gehörte Versuchung. Gleich am Anfang musste er das erleben. Als Gottes Sohn seine Fähigkeiten zum eigenen Vorteil einsetzen, sich gleich mal durch einen großen Auftritt Ruhm und Ehre verschaffen, auf die eigene Macht statt auf Gott schauen – wie leicht wäre das für Jesus gewesen. Aber er erkennt: „Ich muss jetzt dranbleiben an meinem Ziel. Und mein Ziel ist, Menschen zum Vertrauen auf Gott und zur Liebe einzuladen. Dazu passen keine Machtdemonstrationen.“
Uns daran zu erinnern, kann uns wiederum helfen, wenn es um größere Versuchungen geht.
Denn Jesus ist unser Vorbild: Er fragt nicht, was er selbst will, sondern er fragt, was Gott will. Eine Frage, die wir uns auch stellen sollten. Mir hat mal jemand gesagt: „Wenn ich etwas Wichtiges entscheiden muss, frage ich oft: Was würde Jesus machen?“ Er würde zum Beispiel seine Hoffnung auf Gott setzen. Er würde auch Menschen, die Böses tun, Grenzen setzen – aber immer voller Liebe und nicht voller Hass. Diesem Vorbild zu folgen, wäre ein sehr guter Weg.
Freilich, das ist auch ein sehr schwerer Weg. Gott sei Dank hat Jesus diese Versuchungen nicht nur einfach so erlebt, sondern er hat es für uns getan. Er ist diesen Weg, der letztlich ans Kreuz führte, für uns gegangen. So dürfen wir vertrauen: Da, wo wir Versuchungen erliegen, dürfen wir uns an Jesus wenden, ob es nun Kleinigkeiten sind wie ein Glas Wein, eine Zigarette oder Schokolade, die wir eigentlich nicht genießen wollten oder ob es um die großen Versuchungen geht wie Frust und Hass. Wir dürfen und an Jesus wenden, auf seine Vergebung hoffen und neu anfangen, gegen die Versuchung und das Böse anzukämpfen.
Schauen wir noch einmal zu Manfred und Sabine. Auf Manfreds Seufzer hin meinte Sabine: „Du hast Recht, das Leben ist so schon schwer genug. Aber wenn ich mich nach einer Zigarette sehne und sie mir dann doch verbiete, dann erinnert mich das daran, in meinem Leben nicht nur die kleinen, sondern auch die großen Versuchungen wirklich zu entdecken. Und wenn ich mich frage, warum ich mir das antue, dann fällt mir ein: Es ist ja nicht nur Fastenzeit, sondern auch Passionszeit. Mir fällt ein: Da, wo ich im Kampf gegen Versuchungen verliere, tritt Jesus für mich ein. Und dann nervt der Verzicht nicht mehr, sondern gibt Kraft und Mut, es mit dem Leben aufzunehmen, auch mit den vielen Versuchungen.“
Ja, Versuchungen gehören zum Leben dazu, und je schwerer das Leben, desto größere Versuchungen stellen sich ein. Aber es ist gut, wenn wir uns der Versuchungen in unserem Leben bewusst werden, das hilft, den Kampf gegen sie aufzunehmen. Und was das Beste ist: Auch Jesus hat Versuchungen erlebt. Wir dürfen vertrauen: Im Kampf mit unseren Versuchungen stehen wir nicht allein. Das kann uns Kraft und Mut geben, den Kampf mit den Versuchungen aufzunehmen und auch bei Rückschlägen immer wieder neu anzufangen. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, dein Sohn Jesus Christus hat Versuchung erlebt und bestanden. Auch in unserem Leben gibt es viele kleine und große Versuchungen, und wir danken wir, dass wir damit nicht allein sind. Wir bitten dich: Steh du uns bei, dass wir in Zeiten der Versuchung den richtigen Weg finden. Vergib uns, wenn wir falsche Wege gegangen sind und hilf uns, dass wir uns immer wieder neu an dir orientieren.
Wir bitten dich in diesen Tagen besonders um Frieden in unserer Welt. Leite du uns zum Frieden. Wehre du aller Gewalt und allem Blutvergießen, aller Eigensucht und allen Vorurteilen. Segne du alle Bemühungen um Verständigung unter den Menschen. Besonders bitten wir dich für die Lage in der Ukraine, die uns gerade viele Sorgen macht: Hilf doch, dass sich dort Frieden einstellt und das Blutvergießen ein Ende nimmt. Hilf uns, dass wir im Kleinen und im Großen einander achten und jeden Menschen als dein wertvolles und wichtiges Geschöpf behandeln.
Guter Gott, danke, dass wir bei dir in guten Händen sind. Lass uns deine Nähe und Hilfe täglich spüren. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen