Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
2. Kor. 1,3-7: 3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. 5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. 6 Werden wir aber bedrängt, so geschieht es euch zu Trost und Heil; werden wir getröstet, so geschieht es euch zum Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. 7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: Wie ihr an den Leiden teilhabt, so habt ihr auch am Trost teil.
Liebe Gemeinde!
Fassungslos starrte ich auf das Etwas in meinen Händen. Da war Stoff, quietschrosa Stoff, eine Farbe, die in den Augen wehtat. Daran ein Stück Hosengummi. Ich analysierte das Teil, und dann sah ich: Es sollte eine Krawatte darstellen. Aber so eine hässliche Krawatte hatte ich noch nie gesehen. Was sollte ich, ein damals 14- jähriges Mädchen, damit anstellen? Aber genau diese hässliche Krawatte war der Trostpreis gewesen, den ich am Losstand auf dem örtlichen Krämermarkt bekommen hatte. Der mieseste Trostpreis, den ich je gesehen hatte. Ungetröstet zog ich meiner Wege und beschloss, die Krawatte als Putzlappen für den Kunstunterricht zu benutzen.
Ja, so ist das Leben nun einmal. Es hat nicht immer den Hauptgewinn parat, und zur Zeit sowieso nicht. Da ist Corona mit all seinen Nebenwirkungen wie Verzicht auf Aktivitäten, Quarantäne, Kranksein, Kurzarbeit, Arbeitsverbot und dergleichen. Und als wäre das nicht genug, haben wir Krieg in Europa, weil ein Land grundlos in ein anderes einmarschiert ist. Wir merken schon nach wenigen Wochen die fatalen Folgen, und was da noch kommen könnte, mag man sich gar nicht ausmalen. Und noch schrecklicher der Gedanke an all diejenigen, die da direkt betroffen sind. Zu alledem, was wir als Weltgemeinschaft gerade erleben, kommt dann bei vielen noch persönliches Leid dazu, Krankheiten, Trauer, Konflikte, die wehtun oder noch anderes Schwere. Nein, das Leben hat oft nicht den Hauptgewinn parat.
Einen Trost könnten wir da schon brauchen. Aber tröstliche Worte werden da leicht zur billigen Vertröstung. „Bestimmt ist bald Schluss mit Corona“, „bestimmt hört der Krieg bald auf“, „wir werden das in den Griff bekommen“ oder „wird schon nicht so schlimm werden“, „wen Gott liebt, den züchtigt er“, „Zeit heilt Wunden“ - viele können das nicht glauben, und die Worte sind für sie so viel wert wie ein wertloser Trostpreis, nämlich nichts.
Und vielleicht geht es ja manchen unter uns auch so: Wir sehnen uns nach Trost, nach echtem Trost, der wieder Hoffnung und Freude aufkeimen lässt. Wie aber könnte der aussehen?
Nun, vielleicht können wir von Paulus wirklich etwas lernen. Schließlich hatte er es nicht leicht. Gerade die Arbeit in Korinth war für ihn besonders schmerzlich und schwierig. Anfangs hatten die Menschen seine Hinweise auf Jesus Christus ernst genommen. Aber dann waren andere Prediger gekommen, und die traten rein äußerlich sehr viel beeindruckender auf als Paulus. Die Korinther wandten sich lieber diesen Persönlichkeiten zu, statt auf Jesus Christus zu vertrauen, und für Paulus war das schmerzlich. Konflikt, Misserfolg, Gefängnis, Schläge, Drohungen - Paulus kannte die ganze Bandbreite. Auch Paulus konnte Trost gebrauchen, und er fand ihn. Er konnte Gott den Gott alles Trostes nennen und schreiben: „Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.“ Für ihn war der Weg Jesu auf die Erde und ans Kreuz und hin zur Auferstehung der Erweis, dass Gott uns immer zur Seite steht, auch in den schwersten Zeiten.
Freilich könnte auch da jemand einwenden: „Das kann ja jeder sagen.“ Stimmt. Hier geht es um Vertrauen und nicht um Beweise.
Aber Erfahrungen können Vertrauen bestärken. Paulus macht nicht nur Behauptungen, sondern er hat erlebt, dass das Vertrauen auf Gott als Tröster ihm geholfen hat. Es gab ihm die Kraft, jeden Tag zu predigen, obwohl er, wie er selbst zugibt, keine besonders bedeutende Erscheinung war. Das Vertrauen auf Gott den Tröster gab ihm die Kraft, sich trotz Konflikt weiter um die Korinther zu bemühen, um Jesu Willen Kritik, Konflikte, Gefängnis, Gefahren und Schläge auszuhalten. Und dass Paulus wohl zum erfolgreichsten Ausbreiter des Christentums wurde, zeigt, dass nicht seine Einbildung, sondern Gottes Hilfe gewirkt hat.
Und es gibt wohl mehr Menschen, die Gott als Tröster erfahren haben. Mir fallen Prominente ein wie Bonhoeffer, der sich im Gefängnis noch „von guten Mächten wunderbar geborgen“ wusste.
Mir fallen Menschen ein, denen ich persönlich begegnet bin. Ein sterbenskranker Mensch, der ganz gelassen und positiv sagte: „Ich gehe doch in die Ewigkeit.“ Oder eine Person, die schon viele Verluste und Krankheiten ertragen musste, aber trotzdem immer Anteilnahme für die anderen aufbringt, herzlich und zugewandt statt verbittert ist. Ja, es gibt diese Menschen, die eigentlich keine sehr tröstlichen Erlebnisse haben, aber doch Trost ausstrahlen.
Und vielleicht haben Sie, liebe Gemeinde, ja auch schon eigene Erfahrungen mit dem Trost gemacht. Vielleicht Situationen erlebt, wo alles schlimm und hoffnungslos aussah und Sie doch jeden Tag wunderbarerweise die Kraft bekamen, weiterzumachen und Ihr Leben zu bewältigen.
Ja, auch wenn wir es nicht beweisen können, dürfen wir doch vertrauen: Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. Und der Trost von Gott ist genau der Hauptgewinn für unser Leben.
Und das kann uns vielleicht Kraft geben, einander Trost weiterzugeben. Keine beschwichtigenden Worte, die für andere wie ein wertloser Trostpreis wirken.
Zu echtem Trost gehört vielmehr echte Anteilnahme. Wirklich zuhören und sich in unser Gegenüber hineinversetzen, wenn es seine Leiden erzählt. Wirklich das Schlimme mit aushalten, sich der Situation des anderen stellen und zeigen: „Ich bin bei dir.“
Zu echtem Trost gehört auch echte Hilfe. Eine Hilfe, die dem anderen tatkräftig das gibt, was er wirklich braucht, ohne ihn zu überrollen. Eine meiner Lieblingsgeschichten von Hilfe ist diese. Ein Mann erzählt von der Zeit nach dem Krieg: Eines Tages kam ein Flüchtling bei meinen Großeltern vorbei und bat um Essen. Der Großvater sagte: „Wenn Sie mir das Holz unter dem Baum an die Scheunenwand stapeln, bekommen Sie eine Mahlzeit.“ Der Flüchtling willigte ein und aß danach mit uns gute Suppe und Brot. Kurz darauf kam wieder ein Flüchtling und bat um Essen. Und der Großvater sagte: „Wenn Sie mir diesen Stapel Holz von der Scheunenwand unterm Baum stapeln, bekommen Sie eine Mahlzeit.“ Da fragte ich: „Aber Großvater ...“ Der Großvater unterbrach mich, nahm mich mit und sagte: Beobachte mal den nächsten Flüchtling, wenn ich ihn bitte, Holz zu stapeln. Bald danach kam der dritte Flüchtling. Müde, abgerissen und verzweifelt. Auch er bat um Essen, und Großvater sagte wieder: „Wenn Sie mir diesen Stapel Holz von der Scheunenwand unterm Baum stapeln, bekommen Sie eine Mahlzeit.“ Auf einmal ging mit dem Flüchtling eine Verwandlung vor sich. Er richtete sich auf, nahm Haltung an, die Verzweiflung in seinen Augen verschwand. Er hatte sich vom Bettler in einen Arbeiter verwandelt, und das tat ihm gut. Seither wusste ich, warum Großvater die Menschen immer erst das Holz umladen ließ.
E chte Hilfe verweigert dem Bedürftigen nicht, was er braucht, und sie lässt dem Bedürftigen zugleich die Würde.
Wenn wir, getröstet durch Jesus Christus, fähig werden zu echtem Trost, zu echter Anteilnahme und Hilfe, dann kann Trost Kreise ziehen, dann spüren wir jetzt schon, dass Gott wirklich ein Gott des Trostes ist, dass Gottes Trost mehr ist als ein wertloser Trostpreis und dass dank Jesus Christus auch in schweren Zeiten Trost und Hoffnung gibt. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, du bist der Gott alles Trostes. Lass uns deinen Trost spüren mitten in aller Angst und Traurigkeit, die uns beschwert. Mache uns fähig, Trost weiterzugeben und so auch andere im Vertrauen auf deinen Trost zu bestärken. Danke, dass du uns in Jesus Christus deine Liebe und deinen Beistand in allen Lebenslagen gezeigt hast. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen