5. So. n. Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Liebe Gemeinde!
Familie Hipp saß am Frühstückstisch. Vater Hipp hatte sich schon wieder hinter der Zeitung versteckt, während die Mutter ihm und dem 13-jährigen Bernd Kaffee eingoss. Die 15- jährige Ulrike stand auf Grüntee. Sie zeigte auf die Zeitung und verdrehte die Augen, da warf Herr Hipp die Zeitung auf einmal wütend auf den Boden. „Dieses Parteiengezänk vor der Bundestagswahl, das macht mich rasend“, schimpfte er, „jede Partei will zeigen, dass sie die Beste ist und die anderen nichts wert sind. Grässlich!“ „Aber sowas haben wir doch schon die ganze Zeit“, sagte Frau Hipp sanft, „denke an die Diskussionen, wie man mit Corona umgehen soll, ob man lockern oder verschärfen muss. Tausende selbsternannte Virologen, das war auch nicht besser.“ „Das Gezänk fängt schon in der Schule an“, bemerkte Ulrike, „die verschiedenen Cliquen, die auch alle als die Besten dastehen wollen, ob es nun die Ponyhofmädchen oder die Discogirls sind.“ „Und in der Kirche“, sagte Frau Hipp, „da wird auch diskutiert, wie man damit umgeht, dass es bald immer weniger Pfarrer geben wird. Die einen sagen, Pfarrer müssen sich mehr spezialisieren, die anderen sagen, jeder Pfarrer soll alles für seine Gemeinde machen.“ Nur Bernd sagte nichts und köpfte mit dem Messer sein Ei. „Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst das Ei nicht mit dem Messer köpfen, das wird davon stumpf“, mahnte Frau Hipp, und Bernd grinste: „Schon in unserer Familie haben wir Parteien: die Partei, die Eier mit dem Messer köpft und die, die die Eierschale aufklopft!“ „Ja, mag ja sein, dass es überall Parteiengzänk gibt, aber mir geht das auf die Nerven“, grummelte Herr Hipp.
Ja, Parteiengezänk stört viele. Auch den Paulus. Und der schrieb deshalb an die Gemeinde in Korinth, wo es ebenfalls verschiedene Parteien und entsprechenden Streit gab. Im 1. Korintherbrief im 1. Kapitel heißt es: 18 Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft. 19 Denn es steht geschrieben (Jesaja 29,14): »Ich will zunichtemachen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.« 20 Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? 21 Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die da glauben. 22 Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, 23 wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit; 24 denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. 25 Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.
Liebe Gemeinde!
Auch Paulus mochte die Streitereien nicht. Er fand die Menschen nicht christlich, die mit ihren Erfahrungen angaben, und auch nicht die, die mit ihren Erkenntnissen und ihrem Wissen angaben. All dem setzt Paulus die Botschaft vom Kreuz entgegen. Das Kreuz hebelt all unsere Erfahrungen und Erkenntnisse aus. Mit all unseren reichen Erfahrungen und mit allen Erkenntnissen können wir Gott nicht erfassen. Wir können ihn uns nicht aneignen oder ihn in den Griff bekommen. Wir können uns auch mit allen Erfahrungen und Erkenntnissen den Weg zu Gott nicht selbst bahnen. Sondern dass wir bei Gott ankommen, das ist ein Geschenk an uns, und Gott hat es uns nicht gemacht, indem jemand in Heldengestalt auf die Welt gekommen ist, um uns zu retten, sondern indem Jesus Christus am Kreuz gestorben ist. Einer, der als Verbrecher gekreuzigt wurde, wird zum Sieger sogar über den Tod. Das entzieht sich der Logik und Erkenntnis. Das entspricht auch nicht unseren Erfahrungen.
Aber was heißt das für unseren Verstand, für unser Wissen, unsere Erkenntnisse und ERfahrungen? Ist das alles schlecht?
Nun, unser Wissen kann sehr nützlich sein. Gott hat uns unser Gehirn bestimmt nicht gegeben, damit es einrostet. Aber eben auch nicht, damit wir Gott in unser Denksystem einsperren und ihm damit seine Größe nehmen. Auch nicht, damit wir uns selbst als kleine Götter sehen. Unser Denken und Erkennen soll die Größe Gottes nicht außen vor lassen. Es ist gut, wenn wir eine Erkenntnis zum Guten für andere einsetzen, etwa wenn ein Arzt mit seinen Fähigkeiten andere heilt. Aber es ist schlecht, wenn wir vergessen, dass auch diese Erkenntnis ein Geschenk von Gott ist und dass unser Leben nicht durch unsere schlauen Köpfchen, sondern durch Jesus Christus, den Gekreuzigten, gelingen kann.
Unser Leben wird nicht davon gut, dass wir alles mit unserem Verstand beherrschen, sondern davon, dass Gottes Geist herrscht und wir auf Jesus Christus vertrauen. Wo uns das bewusst ist, da werden wir in der Vielfalt der Meinungen anders miteinander umgehen.
Da haben wir es nicht nötig, uns als die Besten, Schlauesten selbst darzustellen. Wir haben es auch nicht nötig, die anderen schlecht aussehen zu lassen.
Wir werden unsere Überzeugung vertreten. Wir werden aber auch die anderen ernsthaft anhören und über das nachdenken, was sie sagen. Und unsere wichtigste Frage wird nicht sein: „Wie setze ich mich durch?“ Sondern: „Was ist wohl Gottes Wille in dieser Sache?“
Und wir werden dabei vielleicht spüren, wie entlastend es ist, nicht immer Recht haben zu müssen.
Deshalb ist es gut, wenn wir nicht auf die Genialität unserer Erfahrungen oder Erkenntnisse vertrauen, sondern auf Jesus, den Gekreuzigten.
Schauen wir noch einmal auf Familie Hipp. Während Herr Hipp immer noch grummelig war über das viele Parteiengezänk, sagte auf einmal seine Tochter Ulrike: „Übrigens, es geht auch anders. Neulich in der Dekanatsjugendkammer, da habe ich das erlebt. Unser Leiter hat eine Andacht gehalten über den Spruch: 'Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft.' Er sagte: 'Es kommt nicht auf unseren schlauen Kopf an, sondern auf Gottes Willen.' Dann hat er mit uns um Gottes Geist für das Gespräch gebetet. Und dann haben wir diskutiert, wie es mit der Kirche und der Jugendarbeit weiter gehen soll und wie wir mehr Leute gewinnen. Die Debatte wurde hitzig, verschiedene Meinungen prallten aufeinander. Aber wenn aus der harten Diskussion fieser Streit zu werden drohte, fragte meist irgendeiner von uns: 'Erinnert ihr euch an den Anfang unseres Abends?' Dann haben wir wieder freundlicher diskutiert. Einer kam auf die Idee, die Meinungen einfach der Reihe nach anzuhören und nachzufragen, bis wir jede verstanden haben. Und dann haben wir uns überlegt, ob wir einen Weg finden, den alle mitgehen können. Es war richtig gut, und ich glaube, das lag daran, dass wir immer wieder an Jesus Christus erinnert wurden.“ „Du hast Recht“, meinte Herr Hipp, „es geht auch anders, und ich glaube, es ist bei jedem Gespräch gut, wenn Jesus Christus mit seinem Geist dabei ist.“
Liebe Gemeinde, so ist es wohl, auch bei allem, was wir so zu diskutieren haben, ob es nun die Bundestagswahl, Corona, die Zukunft der Kirche oder das Leben unserer Familie ist. Deshalb wünsche ich uns Gottes guten Geist, damit wir auf den Gekreuzigten vertrauen und damit unsere Erfahrungen und Erkenntnisse nicht zum Statussymbol, sondern zur Hilfe werden. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   
Guter Gott, wir danken dir für alle Kräfte und Fähigkeiten, die du uns gibst, auch für unseren Verstand und unsere Erfahrungen. Hilf uns, dass wir mit allem, was wir wissen und können, mit dir im Einklang bleiben. Hilf uns, unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten so einzusetzen, dass es zum Besten der Menschen ist und dass du die Ehre bekommst. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen