4. Sonntag vor der Passionszeit

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Mt. 14,22-33: 22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. 24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. 25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. 26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht! 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich! 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich. 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

Liebe Gemeinde!
„Ist unser Schiff am Sinken?“, fragen wir uns, wenn wir uns die Welt und das Leben so anschauen. Da ist die Angst vor Corona. Da ist die Angst um unsere Umwelt, die Angst vor Klimakatastrophen und Unwettern. „Ist unser Schiff am Sinken?“, das könnten wir uns sogar als Kirche fragen, wenn wir erfahren von Vertrauensverlust und Austrittswellen, von Landesstellenplänen und zukünftiger Personalknappheit. „Ist unser Schiff am Sinken?“ - eine Frage, die uns in Angst und Schrecken versetzen kann.
„Ist unser Schiff am Sinken?“, das fragten sich die Jünger ganz konkret, als sie eines Nachts mit dem Boot über den See Genezareth fuhren. Jesus hatte sie vorausgeschickt, er selbst wollte noch die Menschen, die ihn umlagerten, verabschieden und dann alleine auf einem Berg beten. Und nun, als die Jünger schon weit vom rettenden Ufer entfernt waren, brach ein Sturm los. Es gab starken Wind, die Wellen schlugen in das Boot. Die Jünger konnten also mit Recht die Frage stellen: „Ist unser Schiff am Sinken?“
„Ist unser Schiff am Sinken?“ Wenn wir uns das fragen, haben wir Sehnsucht nach der Hilfe von Jesus, und sie kommt tatsächlich. Aber wie sieht sie aus?
Die Jünger sind in ihrem Boot zugange. Wasser schöpfen, den Kurs halten auf ein rettendes Ufer zu, das Boot einigermaßen waagerecht halten – sie haben alle Hände voll zu tun, und das alles im Dunkeln. Auf einmal sehen die Jünger eine Gestalt, die auf dem Wasser herankommt. Nicht in einem Boot, nicht schwimmend, sondern gehend, als wäre die Wasseroberfläche ein fester Fußboden. Für die gestressten und verängstigten Jünger gibt es nur eine Erklärung für diesen Anblick: „Jetzt kommt auch noch ein Gespenst!“ Aber Jesus redet sie an: „Ich bin es, habt keine Angst!“ Dem Petrus genügt diese Ansage immer noch nicht zur Beruhigung. Er sagt: „Wenn du es bist, dann rufe mich zu dir, damit ich auch auf dem Wasser herumlaufen kann!“ Und tatsächlich, Jesus tut es.
Ja, Jesus kommt zu uns und hilft uns. Aber vielleicht kommt das nicht immer so, wie wir es erwarten. Vielleicht erschreckt uns die Hilfe Jesu manchmal sogar, weil sie unkonventionell ist. Vielleicht stellt sich manches, was wir erst einmal nicht begrüßen, dann doch als heilsam heraus.
Unsicherheiten und Einschränkungen durch Corona nerven mehr und mehr. Aber vielleicht sind sie auch eine wichtige Lektion für uns Menschen, denn dadurch denken wir mehr darüber nach, was wir für unser Leben wirklich brauchen und was unwichtigeres Beiwerk ist.
Die Sorge um unsere Umwelt belastet, aber vielleicht lernen wir dadurch umso mehr schätzen, was Gott geschaffen hat und wie wertvoll das ist, und vielleicht gewinnen wir dadurch sogar mehr Freude an der Natur und am Leben.
In der Kirche Gegenwind zu spüren, tut sehr weh. Aber ist Kritik nicht auch der erste Weg dazu, dass Dinge besser werden? Und brauchen wir das nicht alle immer wieder dringend, auch als Kirche?
Zu merken, dass in der Kirche die Personaldecke dünner wird, ist anstrengend und erschreckend. Aber vielleicht bringt es auch Chancen mit sich: genauer hinzusehen, was wichtig ist, Zusammenarbeit zu pflegen und dadurch neue Inspirationen zu bekommen. Oder sich neu bewusst zu werden, wie mir mal ein kluger Mensch sagte: Kirche ist nicht der Pfarrer, sondern die Summe von Menschen, die dabei sind und mitmachen.
Ja, in alledem ist es schwer, das Beruhigende, Tröstliche zu spüren. Aber vielleicht wählt Jesus eben manchmal für uns erschreckende Wege, um uns zu helfen – so wie es den Jüngern zuerst ja auch ging.
Jedenfalls dürfen wir gewiss sein, dass wir für den, der sogar sein Leben für uns gab, wertvoll genug sind, um von ihm Begleitung und Hilfe zu bekommen.
Aber noch mehr: Jesu nimmt sich unser an, wenn unser Glaube versagt. Petrus kann Jesus nicht aufs Wort glauben. Er bittet um ein Zeichen. Und Jesus ist bereit, es ihm zu geben. Er ruft ihn. Petrus macht ein paar Schritte auf dem Wasser. Es geht, er läuft auf dem Wasser. Aber dann wird ihm bewusst, wie Wind und Wellen um ihn herum tosen. Er verliert Jesus aus dem Blick, er versinkt. Gerade noch fällt ihm ein, nach Jesus zu schreien, und dann ergreift Jesus seine Hand und rettet ihn.
Mit unserem Glauben ist es vielleicht ähnlich wie bei Petrus. Manchmal spüren wir, wie wir getragen werden von Jesus Christus. Dann sind wir zu Erstaunlichem fähig. Das sind die Zeiten, wo Menschen es schaffen, Tag und Nacht bereit zu sein, um jemanden zu pflegen, oder wo sie gelassen auch die größten Widrigkeiten ertragen oder wo sie neue Ideen  entwickeln und Großes schaffen.
Dann gibt es da die Zeiten, wo wir, wie Petrus, merken, wie die Wellen und der Sturm um uns herum tosen. Zeiten, wo die Angst sich breit macht und wir das Gefühl haben: „Ich kann gar nicht schaffen, was ich schaffen müsste!“ Zeiten, wo wir fürchten: „Jetzt gehe ich unter.“ Zeiten, wo es uns nicht gelingt, auf Jesus zu sehen und die guten Möglichkeiten, die er uns eröffnet, sondern wo wir nur unsere Bedrängnisse sehen. Dann dürfen wir, wie Petrus, nach Jesus schreien, und wir dürfen, wie er, gewiss sein: Jesus lässt uns nicht untergehen. Wir können nicht tiefer fallen als in seine Hand. Darauf dürfen wir vertrauen in unserem persönlichen Leben und in unserem Leben als Gemeinde.
„Ist unser Schiff am Sinken?“ Wenn wir uns das fragen, lautet die Antwort: „Vielleicht, aber es kann nicht tiefer sinken als in Gottes Hände – dank Jesus Christus!“ Gott schenke uns seinen Geist, damit wir darauf jeden Tag vertrauen. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   

Herr, unser Gott, es gibt in unserer Welt manches, was uns Angst machen kann. Wir danken dir, dass wir uns bei dir in guten Händen wissen dürfen und dass Jesus Christus für uns da ist. Wir bitten dich: Lass uns deine Nähe spüren, schenke uns Vertrauen auf dich, Zuversicht und Kraft für jeden Tag. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen