3. letzter So. des Kirchenjahres

Audio Datei: 3. letzter So. des Kirchenjahres

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Ps. 85: 2 HERR, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande und hast erlöst die Gefangenen Jakobs; 3 der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk und all ihre Sünde bedeckt hast; 4 der du vormals hast all deinen Zorn fahren lassen und dich abgewandt von der Glut deines Zorns: 5 Hilf uns, Gott, unser Heiland, und lass ab von deiner Ungnade über uns! 6 Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn walten lassen für und für? 7 Willst du uns denn nicht wieder erquicken, dass dein Volk sich über dich freuen kann? 8 HERR, zeige uns deine Gnade und gib uns dein Heil! 9 Könnte ich doch hören, was Gott der HERR redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, auf dass sie nicht in Torheit geraten. 10 Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Lande Ehre wohne; 11 dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen; 12 dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue; 13 dass uns auch der HERR Gutes tue und unser Land seine Frucht gebe; 14 dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe und seinen Schritten folge.

Liebe Gemeinde!
Bestimmt haben Sie auch schon solche Filme gesehen: Die beteiligten Menschen geraten in alle möglichen Abenteuer und Katastrophen. Man fiebert mit, der Adrenalinspiegel steigt. Am Ende finden sie dann endlich zusammen, sie küssen sich. Entspannung stellt sich ein, und zufrieden stellt man als Zuschauer fest: Es ist, trotz aller Irrungen und Wirrungen, alles gut gegangen. Ein schönes Happy End.
Unser heutiger Psalm erinnert an solche Filme. Denn auch da gibt es ein Happy End, den Kuss zwischen Gerechtigkeit und Friede. Das ist noch mehr als ein Kuss zwischen 2 Liebenden. Wo Gerechtigkeit und Friede sich küssen, da ist Gott nämlich nicht weit, sondern mitten unter uns. Da herrschen Güte und Treue. Da geht es den Menschen rundum gut. Aber auch hier: Irrungen und Wirrungen zuvor, und die kommen uns bestimmt bekannt vor.
Wir hören das Volk Israel klagen. Ganz offenbar geht es dem Volk nicht gut. Es fühlt sich von Gott im Zorn verlassen. Der Friede, der Schalom, ein Leben ohne Angst und Mangel, ein Leben bei Gott und im Frieden, scheint weit weg zu sein.
Ein Problem, das wir kennen. Dieses „gemeinsam schaffen wir es“, das in der Anfangszeit von Corona unsere Stimmung beherrscht hat, ist weit in den Hintergrund gerückt. Es gibt Spaltungen in unserer Gesellschaft – zwischen den Geimpften und Ungeimpften, zwischen denen, die mehr um Sicherheit bemüht sind und denen, die Freiheit wichtiger finden. Auch in Sachen Klima und Umweltschutz gibt es harte Debatten und Spaltungen. Viele beklagen, dass der Ton unter den Menschen und die Anspruchshaltung immer schlimmer werden. Ein Leben ohne Mangel und Angst ist das zur Zeit wohl für keinen. Und dazu kommt, dass wir auch in der gesamten Welt Probleme zu lösen haben, denn die momentanen Krisen gehen uns alle an. Dass da in der Welt dann auch Bündnisse ins Wanken kommen und manche Regimes weder rechtsstaatlich noch freiheitlich sind, lässt uns spüren, dass Friede nicht selbstverständlich ist.
Ja, es wäre wunderbar, wenn wir erleben dürften, wie Friede und Gerechtigkeit sich küssen.
Nun, einen Vorteil haben wir gegenüber einem Film. Wir müssen nicht dabei sitzen und abwarten. Wir können etwas unternehmen.
Zum Beispiel können wir es machen wie in diesem Psalm und um den Frieden und die Gerechtigkeit beten.
Das Volk Israel nimmt kein Blatt vor den Mund, sondern zieht alle Register. Es klagt sein Leid: Wann können wir uns endlich einmal wieder über dich freuen?
Und es erinnert Gott: Du bist doch gar nicht nur der zürnende Gott, der sein Volk straft. Du hast uns doch immer wieder Gnade und Vergebung erwiesen.
Und das Volk sagt sogar, was es gerne von Gott hören will: Könnte ich doch Gott hören, dass er Frieden zusagte seinem Volk. Und dann kommt, mitten im Gebet, die Gewissheit auf: Ja, Gott wird Frieden zusagen. Gottes Gerechtigkeit ist nicht nur strafend. Er nimmt unsere Sünde und Schuld nicht leicht, und er zürnt darüber. Aber seine Gerechtigkeit erweist er, indem er seinen Zorn überwinden kann und sich immer wieder den Menschen zuwendet in Güte und Treue.
Ja, so dürfen auch wir uns an Gott wenden und ihn um den Kuss von Frieden und Gerechtigkeit bitten.
Wir dürfen vor ihn bringen, was uns beschäftigt, was uns Angst macht, was uns ärgert und belastet. Und auch wir dürfen ihn erinnern an seine Gerechtigkeit, die doch Vergebung und Gnade erweist. Wir dürfen sagen: „Gott, wir beten im Namen Jesu, der am Kreuz für uns gestorben ist. Wir erinnern dich an ihn, denn er ist das Zeichen, dass du uns doch liebst. Hilf uns doch!“
Im Film können wir unsere Meinung zu den Geschehnissen nicht einbringen. Im Leben schon, da können wir Gott um Frieden bitten.
Und noch etwas: Im Film sind wir Zuschauer. Im Leben sind wir dabei und handeln selbst.
Und es ist gut, wenn der Hintergrund unseres Handelns das Gebet um den Kuss von Frieden und Gerechtigkeit ist und wenn wir dabei auf Erhörung vertrauen. Denn dann werden wir nicht nach dem Motto handeln „Mit dem Frieden und der Gerechtigkeit wird es sowieso nichts“ und dabei vielleicht nur an uns denken. Sondern wir werden im Beten und Nachdenken über den Frieden vielleicht auch Ideen entwickeln, wo wir zum Frieden beitragen können. Vielleicht schon ganz normal in unserem Umfeld, indem wir uns vor jeder Kritik und jedem Vorwurf fragen: „Ist es nötig, Contra zu geben und sich zu streiten? Ist es die Sache wert?“ Oder indem wir, statt gleich zu kritisieren, fragen: „Warum siehst du das so? Warum machst du das so?“ Oder indem wir uns klar machen, dass andere Menschen nicht unsere Fußabtreter sind, an denen wir Frust und Ärger auslassen dürfen, sondern Menschen, die, wie wir selbst, fair und freundlich behandelt werden möchten.
Ja, der Kuss zwischen Frieden und Gerechtigkeit ist keine Illusion, sondern eine Hoffnung und Verheißung. Und in dieser Hoffnung dürfen wir uns in die Haltung begeben, die ein Gebet des heiligen Franziskus ausdrückt: Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich liebe, wo man hasst; dass ich verzeihe, wo man beleidigt; dass ich verbinde, wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist; dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht; dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält; dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert; dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten, nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste; nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe; nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. Denn wer sich hingibt, der empfängt; wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen; und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   



Guter Gott, wir bitten dich: Gib Frieden in unserer Gemeinde, unserem Land und in aller Welt. Hilf uns Menschen gegen Hass, Vorurteile und Gewalt. Gib uns deinen heiligen Geist, damit wir Friedensstifter werden. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen