Sonntagspredigt 3. Mai 2020 - Jubilate

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Unser heutiger Abschnitt für die Predigt steht bei Johannes im 15. Kapitel: Jesus spricht: 1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger. (Joh 15,1-8)

Liebe Gemeinde!
Wenn wir einen Weinstock mit Reben gepflanzt haben, dann erwarten wir, dass im Herbst an diesen Reben Früchte hängen, und zwar Weintrauben. Wenn statt dessen Äpfel an den Reben hingen, wäre etwas schief gelaufen. Und erst recht, wenn gar nichts daran hinge. Eine Weinrebe soll eben als Früchte Weintrauben bringen. Dazu ist sie bestimmt.
Bei uns Christen ist das nicht so einfach. Auch wir sollen „Frucht bringen“. Aber wie sehen die Früchte aus, die wir bringen sollen? Sind es bestimmte Leistungen – genug arbeiten, den Haushalt in Schuss halten, für die Familie da sein, Ehrenämter ausfüllen? Aber was wäre dann mit denen, die das nicht können, weil sie krank sind oder es wegen Corona gerade nicht tun dürfen? Oder sind die Früchte bestimmte Geldbeträge, die man erwirtschaften oder spenden soll? Aber was wäre dann mit denen, die, was ja gerade zur Zeit häufig ist, unverschuldet in Armut geraten sind? Sind die Früchte bestimmte fromme Leistungen wie regelmäßige Gebete, Andachten und Gottesdienstbesuche? Aber was wäre dann mit denen, die wegen Corona über ihre Kräfte arbeiten müssen und dazu momentan einfach nicht die Zeit und Ruhe aufbringen? Frucht bringen, was heißt das? Was heißt das gerade jetzt, wo vieles anders ist als normal, wo manche nicht tun dürfen, was sie normalerweise für fruchtbar und nützlich halten?
Mir fällt  auf, dass in unserem Abschnitt die Früchte eben nicht konkret genannt sind. Statt dessen wird darüber gesprochen, wie es geschieht, dass wir „Frucht bringen“. Das tun wir nämlich gerade nicht aus uns selbst heraus, indem wir etwas Besonderes leisten. Sondern so, wie die Rebe vom Weinstock mit Saft und Kraft versorgt wird, so gelingen uns wirkliche Früchte, wirklich gute Taten nur dann, wenn Jesus uns speist, uns stärkt und uns seinen Geist gibt. Wenn wir nur an Jesus bleiben wie die Rebe an ihrem Weinstock, wenn wir in ständiger Verbindung mit ihm leben, dann kommen die guten Früchte sozusagen ganz automatisch. Wir werden dann sogar  im Gebet erbitten, was wir wollen, und es wird so kommen.
Das ist doch wirklich eine Entlastung. Ja, wir sollen Früchte bringen. Aber das ist keine Leistung, die von uns verlangt wird, sondern das ist ein Geschenk Gottes durch Jesus Christus und seinen heiligen Geist. Wir werden befähigt, gestärkt und versorgt durch die Nähe Jesu Christi. Wir müssen uns nicht krampfhaft sorgen, ob wir auch die richtigen Früchte bringen und ob es genug davon sind. Unser Anteil ist lediglich, an Jesus zu bleiben.
Aber auch da wieder die Frage: Wie sieht das aus? Beim Weinstock ist das in der Regel klar: Die Rebe hängt am Weinstock und damit basta. Aber bei uns kann die Verbindung zu Jesus Christus verschiedene Gesichter haben. Manche bekommen Inspiration durchs Gebet, andere durch die Bibel,  andere durch Musik oder in der Stille.  Die einen brauchen mehr, die anderen weniger Zeit für ihre Andacht. Manchmal erleben wir Momente der Gewissheit, wo uns klar ist, was wir tun sollen. Dann entwickeln wir wirklich besondere Kräfte, weil wir von unseren Aufgaben überzeugt sind. Aber es gibt auch die Tage, wo wir uns voller Zweifel fragen: „Welche Früchte soll ich bringen? Wozu bin ich bestimmt, was ist für mich dran?“ Oder die Zeiten, wo wir das Gefühl haben, nicht das Richtige getan zu haben. Mangelt es dann an unserer Verbindung zu Jesus? Was könnte uns helfen, dass wir, so wie es sein soll, an Jesus bleiben und Früchte bringen?
Mir fiel beim Nachdenken darüber ein Vers aus dem Kolosserbrief ein: Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kol 3,17) Das wäre doch vielleicht wirklich eine hilfreiche Frage, wenn wir uns überlegen, zu welchen Früchten wir bestimmt sind: Passt unser Tun zu diesen Worten? So ein Nachdenken immer wieder mal könnte Wirkung haben.
Zum Beispiel: Wir erkennen, dass eine Pflicht, obwohl sie uns zur Last wird, Gottes Auftrag für uns ist. Das kann uns wieder mehr Motivation und Kraft dafür geben.
Oder: Wir erkennen, dass wir etwas ändern müssen an unserem Tun, und weil wir wissen, dass Gott es so will und dass unsere Kraft von Jesus kommt, sind wir auch motiviert, an uns zu arbeiten.
Oder: Wir merken, dass, wie beim Weinstock, Früchte ihre Zeit haben und dass manchmal im Namen des Herrn auch Weitermachen und Warten oder Zurückhaltung und Geduld gefragt ist. Und vielleicht bitten wir Gott dann nicht um einen Karriereschritt, eine spannende Aufgabe oder mehr Leistungsfähigkeit, sondern einfach um sein Geleit – und wir dürfen vertrauen: Diese Bitte erfüllt uns Gott. Vielleicht anders als wir erwarten, aber ganz gewiss und auch so, dass es Frucht bringt.
Gott schenke uns, dass wir die Verbindung mit Jesus Christus spüren und dass uns das bewegt zu dem, was wir tun sollen, sei es Zurückhaltung und geduldiges Abwarten, sei es Einsatz, sei es Umdenken und Veränderung. Gott lasse uns spüren, dass bei alledem Jesus Christus unsere Kraftquelle ist. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.  

Herr Jesus Christus, du bist der Weinstock, wir sind die Reben. Alles Gute, was uns gelingt, ist dein Geschenk. Und so bitten wir dich: Lass uns spüren, dass wir in allen unseren Taten von dir leben. Zeige uns den für uns richtigen Weg. Gib uns Kraft, wenn Einsatz gefordert ist, Motivation, wenn es um unangenehme Pflichten geht, Offenheit und Liebe, wenn es ums Dasein für Menschen geht, Geduld und Gelassenheit, wenn es um Warten und Zurückhaltung geht. Lass uns spüren, wie heilsam es ist, deine Wege zu gehen. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen