Miserikordias Domini

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.  

Wir hören eine Auswahl aus dem 34. Kapitel des Buches Hesekiel: 1 Und des HERRN Wort geschah zu mir: 2 Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? 10 So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen. 11 Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. 12 Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. 13 Ich will sie aus allen Völkern herausführen und aus allen Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und an allen Plätzen des Landes. 14 Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels. 15 Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR. 16 Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist. 31 Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR.

Liebe Gemeinde!
Die Telefondrähte glühten, so heiß war die Diskussion von Roland und Peter am Telefon. „Die da oben gucken doch nur auf sich selbst. Es geht ihnen doch gar nicht um unsere Gesundheit. Da werden Parteiprogramme abgespult, es gibt Machtspielchen um die K- Frage und Skandale um Provisionen bei Masken. Die da oben schauen nur auf sich selbst und nicht auf uns“, schimpfte Roland. „Mag sein, dass die da oben nicht alles richtig machen, aber machen wir denn alles richtig?“, fragte Peter zurück. „Aber das ist etwas anderes“, sagte Roland, „die da oben sollten doch so etwas wie Hirten sein, die auf ihre Schafe achten, und ich habe dass Gefühl, sie denken nur an sich selbst. Wir sind doch keine Hirten.“ „Doch, sind wir schon“, gab Peter zurück, „gerade jetzt haben wir doch die Aufgabe uns alle gegenseitig zu schützen, indem wir zum Beispiel die Maske tragen oder die Besuchs- und Hygieneregeln einhalten. Bist du sicher, dass du da immer alles richtig machst?  Oder wenn du mit deinen Kindern daheim bist, machst du da alles richtig? Bist du nicht manchmal zu ungeduldig? Oder ist es dir zu anstrengend, die Kinder zum Lernen anzuhalten, und du lässt sie machen – mit dem Risiko, dass sie Lücken haben?“ „Na gut, jetzt in Coronazeiten ...“ brummte Roland, aber Peter widersprach: „Nein, immer sind wir Hirten füreinander. Auch im normalen Alltag wirkt sich doch unser Verhalten auf andere aus. Etwa im Straßenverkehr. Wir können uns mit dem Autofahren zurückhalten, um die Umwelt zu schonen, oder uns ist das egal, dann müssen alle unsere Abgase einatmen. Wir können im Straßenverkehr vorsichtig sein oder andere gefährden. Und die Zahl der Beispiele ist unendlich. Ich glaube, Gott will immer, dass wir wie gute Hirten auf unsere Mitmenschen achten und für sie da sind.“ „Ja, aber die da oben sollten doch Vorbilder sein...“
Lassen wir Roland und Peter diskutieren und denken einmal selber nach. Wahrscheinlich lassen sich die Menschen nicht einteilen in schlechte Hirten und arme Schafe, also Leute, die nur auf sich schauen und andere schädigen, einerseits und unschuldige Opfer andererseits. Manchmal erleiden wir Gleichgültigkeit, Lieblosigkeit, Gefährdungen und Ungerechtigkeit, manchmal wirkt sich das Verhalten anderer schlecht auf uns aus. Und manchmal ist es umgekehrt, da wirkt sich unser Verhalten schlecht für andere aus. Wir sind sozusagen Schafe und Hirten zugleich, egal, ob wir jetzt ein öffentliches Amt bekleiden oder nicht. Und so ist es gut, wenn wir die Worte des Propheten Hesekiel mit verschiedenen Ohren hören.
Sie können uns zum Beispiel Warnung sein: „Mensch! Vergiss nicht, dass du deinen Mitmenschen ein guter Hirte sein sollst. Schau dein Leben und deine Entscheidungen an. Wo denkst du zu viel an dich selbst und zu wenig an andere? Gott wird Rechenschaft verlangen. Also pass auf, was du tust, lebe nicht einfach gedankenlos vor dich hin, sondern bedenke, was dein Tun für dich und andere bedeutet.“
Aber die Worte des Propheten zeigen uns auch einen anderen, besseren Weg, als einfach immer nur für uns herauszuholen, was geht, nämlich: unter Gott, unserem Hirten zu leben. Wenn wir das tun, sieht unser Leben anders aus.
Denn Gott als unser guter Hirte hat uns versprochen, dass er das Verwundete heilen will. Wo wir uns als Opfer fühlen, wo andere uns Unrecht tun, dürfen wir also doch vertrauen: Gott ist für uns da, er ist unser Helfer, eines Tages werden wir darunter nicht mehr leiden, was uns andere antun.
Gott hat versprochen, das Verirrte zurückzubringen. Wenn wir uns also auf dem Irrweg entdecken, wenn wir merken, dass wir etwas ganz falsch gemacht haben oder dass wir ratlos und unsicher sind und nicht wissen, was das Richtige ist, dann dürfen wir uns an unseren guten Hirten wenden. Ihn dürfen wir bitten: „Lieber Hirte, leite du mich auf dem richtigen Weg. Hilf mir, falsche Wege zu verlassen. Hilf mir, den richtigen Weg zu erkennen und zu gehen.“ Und wir dürfen vertrauen: Dieses Geleit schenkt Gott uns gerne.
Und wenn uns die Angst und Sorge packt? Wenn wir uns fragen, wo alles noch hinführen wird? Dann dürfen wir vertrauen: Gott, der gute Hirte, lässt seine Schafe nicht für immer da, wo es trüb und finster ist. Er will ihnen am Ende ein gutes Leben schenken. Wir sollen unter unserem guten Hirten so zufrieden und glücklich sein wie Schafe auf einer wunderbaren Weide.
Dass das nicht nur für die Menschen damals galt, sondern für uns alle gilt, hat Gott uns gezeigt durch Jesus Christus, der gesagt hat: „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Jesus Christus steht mit seinem Leben für uns ein. Deshalb kann es so werden, wie der Prophet sagt: Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR. Und dann wird es gut sein.
Deshalb können wir unter Gott, dem guten Hirten, besser leben. Wir leben auf eine gute Zukunft hin. Wir dürfen auf Gottes Fürsorge vertrauen. Deshalb müssen wir uns nicht gar so um uns selbst sorgen. Wir können vielmehr den Blick frei haben für andere. Wir können so einander bessere Hirten werden. Wir können hier und da das „Jeder ist sich selbst der Nächste“ durchbrechen und einander die Nächsten sein, und in diesem Miteinander und Füreinander spüren wir wiederum die Fürsorge Gottes, unseres guten Hirten.
„Komm, Roland“, sagte Peter am Ende der Diskussion begütigend, „das Wichtigste ist doch in diesen Zeiten, dass wir einen guten Hirten haben, nämlich Gott selbst. Das hilft uns doch, einander gute Hirten zu sein.“ Roland schwieg nachdenklich, dann meinte er: „Du, dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich mal gelesen habe: Ein Rabbi kommt zu Gott: 'Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.' 'Nimm Elia als Führer', spricht der Schöpfer, 'er wird dir beides zeigen.' Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand. Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf Aber die Menschen sehen mager aus, blass, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen.Das herrliche Essen ist nicht zu genießen. Die beiden gehen hinaus: 'Welch seltsamer Raum war das?', fragt der Rabbi den Propheten. 'Die Hölle', lautet die Antwort. Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber - ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich. 'Wie kommt das?' Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen. Da weiß der Rabbi, wo er ist. Vielleicht können wir ja in dieser Zeit trotz allem schon ein Stück Himmel spüren, wenn wir einander das Gute geben.“
Ja, dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Guter Gott, wir danken dir, dass du unser guter Hirte bist und in Zeit und Ewigkeit für uns sorgst. Wir bitten dich: Lass uns deine Fürsorge spüren, damit sie uns Kraft gibt für alles, was wir im Leben bewältigen müssen. Leite du uns auf dem richtigen Wege, damit wir einander zu guten Hirten werden, aufeinander schauen und einander Gutes tun. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen.