Sonntagspredigt 24. Mai. 2020 - Exaudi

Audio Datei Exaudi


Jeremia 31, 31-34

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der Herr;
sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.
Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den Herrn«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der Herr; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.


Liebe Gemeinde,

Da sitzen die Jünger in dem Haus, in dem sie so oft schon zusammen waren und warten. Sie warten zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, Maria Magdalena und Johanna. Warten darauf, was sich erfüllen soll. Angst haben sie. Jesus ist weg. Er hat sich von ihnen verabschiedet. Irgendwie hängen sie in der Luft. Jesus weg, noch keine Aussicht auf eine Erfüllung seiner Zusage: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein.“ Wann kommt diese Kraft des Heiligen Geistes? Sie wissen es nicht, also warten sie. Sie glauben, sie hoffen, sie vertrauen, sie warten.

Glauben heißt: warten.

Irgendwie erinnert mich diese Situation an die ersten Tage der Corona Krise. Man sitzt im Haus und weiß nicht wie alles weitergehen soll. Ungewissheit, teilweise Angst stieg in dem ein oder anderem auf. Dann hieß es, dass die Glocken immer um 20.00 läuten sollen und wir gemeinsam, auch wenn wir uns nicht dabei sehen können, beten.
Beten für die Kranken und die Menschen die ihren Dienst tun für die Gesellschaft. Vielleicht haben Sie auch gebetet, vielleicht den Psalm 27. Den hat man im Volk Israel schon gebetet. „HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und antworte mir!“
Seit Wochen warten wir und je länger es dauert umso nerviger und schwieriger wird alles. Ja, langsam nervt alles. Man gewöhnt sich an Desinfektionsmittel, an Mundschutz und statt herzlicher Umarmungen nur noch Ellebogencheck. Aber wir merken auch, dass es nervt, dass wir unsere Freunde wieder drücken wollen und, ganz ehrlich, ich mach es schon. Ich brauche wieder ein Stück Normalität. Vielleicht bin ich zu ungeduldig wie viele andere auch. Es fällt mir schwer wieder Woche für Woche zu warten bis weitere Lockerungen offiziell bekanntgegeben werden.

„Siehe, es kommt die Zeit.“ Das ist der Satz aus unserem Predigttext der mir immer wieder ins Auge sticht. Abwarten und Tee trinken. Geduld haben, es wird schon wieder alles gut werden.
Wir haben schon so lange gewartet, wir haben schon so ein großes Stück hinter uns. Lockerungen kommen, nicht so viel und schnell wie es sich manche wünschen, aber es wird. Natürlich sehne auch ich mich nach Normalität zurück, keine Frage. Ich möchte wieder ganz normal meiner Arbeit im Kindergarten nach gehen. Ausgelassen mit den Kindern lachen und singen und kuscheln und spielen. Ohne 1000 Einschränkungen, Verordnungen und Plänen.  Ich freue mich darauf, dass für meine zwei Jungs nach den Pfingstferien wieder ein halbwegs normaler Schulalltag einkehrt. Denn auch den Kindern fällt es immer schwerer zu warten.

Wie viel schwerer, als uns heute, musste es einem Paul Gerhard gefallen sein, zu warten, auf bessere und glücklichere Zeiten, wie viel schwerer musste es ihm gefallen sein zu glauben, an einen Gott, der hilft und beschützt und gnädig ist. Wie viel schwerer musste es ihm gefallen sein zu vertrauen, auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Die Zeiten damals waren weitaus bedrohlicher als heute.
Aber trotzdem ist aus seinen Liedtexten ein unerschütterliches Gottvertrauen heraus zu lesen. Vielleicht ist gerade deswegen Paul Gerhard einer meine Lieblings Kirchenlieder „Songwriter“

„Hoff, o du arme Seele, hoff und sei unverzagt! Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt, mit großen Gnaden rücken; erwarte nur die Zeit, so wirst du schon erblicken die Sonn' der schönsten Freud'.“

„Siehe, es kommt die Zeit.“ Die Jünger befinden sich in einer wirklich nervenaufreibenden Situation.  Diese Ungewissheit! Jeder von uns kennt das Gefühl, wenn man nicht weiß wie es weiter geht. Jeder kennt von uns dieses Warten auf Antworten.
Wir warten genau wie die Jünger damals, auf Gottes Wort, auf seinen Geist. Wie oft warten wir auf ein Wunder, auf Heilung, auf das große Glück im Leben. Wir warten, und hoffen und beten, dass alles gut wird.

„Siehe, es kommt die Zeit“
Mich beruhigt dieser Satz, denn ich weiß, was Gott verspricht, das wird er halten. Vielleicht nicht so wie wir es uns während des Wartens erträumt und erhofft haben, aber gewiss so, dass es gut für uns sein wird.

Und so stehen wir letztendlich genau wie die Jünger damals, ja wie das ganze Volk Israel da. Mit der Ungewissheit was diese Krise uns noch abverlangt und wie lange es wohl noch dauert bis es so ganz vorbei ist. Und genau dann, wenn unser Vertrauen in all den Vorschriften und Plänen verschwindet, wenn unser Glaube im Gestrüpp von finanziellen Sorgen und blankliegenden Nerven immer kleiner wird, dann lassen sie uns beten: Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und antworte mir.

Liebe Gemeinde
Und ganz ehrlich, haben wir nicht auch Grund dankbar zu sein?
Wir sitzen wieder hier in unserer Kirche, anders als gewohnt zwar, mit Mundschutz, wir dürfen nicht singen, dürfen uns nicht begrüßen und verabschieden, wie wir es gerne täten und gewohnt sind. Das Büchereicaffee ist geschlossen, Gemeindefeste fallen aus.
Aber ich möchte trotzdem dankbar sein, dafür dass es mir gut geht, dass ich alles habe was ich zum Leben brauche. Auch wenn ich das ein oder andere vermisse. Aber alles was ich wirklich brauche, habe ich.

Ich möchte Ihnen und mir Mut machen. Siehe, es kommt die Zeit!“ Und wenn wir uns das immer wieder vorsagen, uns gegenseitig mit diesem Satz Mut machen, dann sind das nicht nur leere Worte, dann leben wir danach. Dann nämlich ist Gott mitten in unseren Herzen. Denn nur das bestimmt mein Leben,  was ich in mein Herz lasse. Was ich glaube. Was ich hoffe, worauf ich mich freue.

Herr, wir vertrauen dir. Dass du es gut mit uns meinst. Dass du eine Zukunft für uns hast, auch wenn wir sie jetzt vielleicht noch nicht sehen. Dass du uns unsere Zweifel vergibst, unsere Ungeduld, unsere Forderungen. Dass du uns warten lehrst, auf die Erfüllung deiner Verheißung.

Siehe, es kommt die Zeit. Mit deiner Hilfe warten wir geduldig darauf. Und bis dahin beten wir mit vielen anderen, die zu dir und deinem Volk gehören:
„HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und antworte mir!“

Und der Friede Gottes der höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen in Christus Jesus
Amen.